Donnerstag, 25. Juli 2024

Das steckt hinter dem Phänomen Taylor Swift

US-Superstar Taylor Swift kommt an diesem Wochenende für 2 Konzerte nach München, Anfang August tritt sie in Wien auf. Hunderttausende Fans, meist junge Frauen in paillettenbestickten Outfits, werden ihr zujubeln. Was steckt hinter dem Hype um Swifts „Eras Tour“?

Taylor Swift ist aktuell der erfolgreichste Popstar. - Foto: © AFP / ANDRE DIAS NOBRE

„We Are Never Ever Getting Back Together“ – Die Musik

Foto: © APA/dpa / Marius Becker


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Der 34-Jährigen ist gelungen, was in Zeiten von Streamingdiensten und sozialen Medien immer schwieriger wird: Über einen Zeitraum von bald 20 Jahren musikalisch relevant zu bleiben und dabei ihre Karriere selbst zu steuern. „Qualität gepaart mit Kontinuität“ sei der Hauptfaktor für ihren Erfolg, sagt der Kulturwissenschafter Jörn Glasenapp von der Universität Bamberg. Die Reihe ihrer gut gemachten, eingängigen Hits ist länger als bei anderen Popstars – das zeigt sich auch in der Liste ihrer Charterfolge und Auszeichnungen.

Lesen Sie hier: Was Swifties über die Shows in München wissen sollten.

Angefangen hat alles im Country. Wohlhabende Eltern ermöglichen der Teenagerin, von Pennsylvania nach Nashville, Tennessee zu ziehen und dort ihr Glück als Sängerin zu versuchen. Ihr Debütalbum „Taylor Swift“ veröffentlicht sie mit 16. Mit dem vierten Studioalbum „Red“ (2012) baut sich Swift dann eine Brücke in den Pop – die Single „We Are Never Ever Getting Back Together“ wird ihr erster Nummer-Eins-Hit in den US-amerikanischen Billboard-Charts. Die folgenden Platten „1989“, „Reputation“ und „Lover“ zementieren ihren Platz an der Spitze der Popindustrie.

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„The Prophecy“ – Die Texte

Swifts wichtigstes Merkmal als Musikerin bleiben aber ihre Texte. Das Geschichtenerzählen aus dem Country, das Auge für die Alltagsmomente hat sie sich bewahrt. Sie schreibt über sich und ihr Leben, kommuniziert über die Geschichten mit ihren Fans. Ihre Verse werden mittlerweile auch an Hochschulen besprochen – nicht zuletzt an der Harvard-Universität.

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In den Zeilen geht es etwa um Freundschaft und das Erwachsenwerden. Die bestimmenden Themen sind oft allerdings Liebe und Liebeskummer. Mit ihrem Ruf als „Heartbreak Writer“, also Herzschmerz-Autorin, setzt sich Swift auf ihrem aktuellen Album „The Tortured Poets Department“ auseinander: „I'm so afraid I sealed my fate / No sign of soulmates“, singt sie in dem Lied „The Prophecy“.

„Cardigan“ – Die Swifties

Swifts Lieder bieten vor allem jungen Frauen Identifikation. Ihre Fans nennen sich Swifties, allein auf Instagram folgen ihr 283 Millionen Menschen. Die Swifties gelten als romantisch – auf Konzerten tauschen sie etwa Freundschaftsbänder miteinander –, aber auch als enthusiastische Kämpferinnen für ihr Idol.

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Durch ihre Alben „Folklore“ und „Evermore“ (beide 2020), darauf etwa der Song „Cardigan“, sei Swift in den Feuilletons angekommen, sagt Glasenapp. Seitdem werde sie erheblich seltener als „Künstlerin für kleine Mädchen“ abgetan. „Das war lange der Fall, weil unsere patriarchale Gesellschaft leider gerne das abwertet, wofür sich junge Frauen oder Teenagerinnen begeistern.“

„Mastermind“ – Die „Eras Tour“

Auch wenn Swift spätestens seit „1989“ (2014) ein Superstar ist – ihre 2023 gestartete Welttournee hat die Euphorie noch einmal befeuert. Die „Eras Tour“ ist ein Ritt durch die gesamte Karriere der Sängerin. Dreieinhalb Stunden dauert jedes Konzert, 45 Songs stehen auf der Setlist. Jedem Album, also jeder Ära ihrer Musik, widmet Swift eigene Bühnenbilder. Die detailverliebte Show wird seit der Premiere fast dauerhaft im Netz diskutiert. Immer wieder loben Swifties die Sängerin als „mastermind“ – in Anspielung auf den gleichnamigen Song.

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Der Andrang nach einer vorherigen fünfjährigen Konzertpause war so groß, dass in den USA das Verkaufssystem Ticketmaster zusammenbrach. Der „Eras Tour“-Film, der vergangenes Jahr in die Kinos kam, gilt jetzt schon als erfolgreichster Konzertfilm aller Zeiten.

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„The Man“ – Der Wirtschaftsfaktor

Foto: © APA/afp / INA FASSBENDER



Mit ihrer Fangemeinde habe Swift ein Wirtschaftsimperium aufgebaut, sagt der Wiener Musikwirtschaftsforscher Peter Tschmuck. Davon profitieren auch die Regionen: In den USA geben Swifties im Schnitt 1300 US-Dollar für den Konzertbesuch inklusive Unterkunft, Essen und Merchandise aus, wie eine Umfrage des Common Sense Institute ergab. Der Konzerttourismus boomt. Da Tickets in den USA und Kanada teurer sind als in Europa, fliegen Swifties auch über den Atlantik. „Das Publikum ist bei jedem ihrer Auftritte ganz und gar international“, sagt Glasenapp, der mehrere „Eras“-Shows besucht hat. „Für das Klima ist das natürlich eine Katastrophe, das muss man auch sagen.“

Swift hätte durchaus die Möglichkeit, den Ticketmarkt in den USA etwa durch einen Verzicht auf gigantische Vorschüsse zu beeinflussen, erläutert Tschmuck. Sie entscheide sich aber dagegen. Swift würde auf diese Kritik vermutlich antworten, dass Zurückhaltung selten von männlichen Stars gefordert wird. Mit „The Man“ widmet sie den Erwartungen an Frauen in der Musikindustrie auch einen eigenen Song.

„You Need to Calm Down“ – Die Politik

Zu Beginn ihrer Karriere wird Swift dafür kritisiert, sich als unpolitische Countrysängerin zu geben. Das ändert sich in jüngeren Jahren – sie beginnt, ihre Stimme für Diversität und LGBT-Rechte zu nutzen, etwa im Lied „You Need to Calm Down“. Auch für die US-Demokraten spricht sie sich aus. Nach einem Aufruf von Swift auf Instagram werden 2023 in kürzester Zeit 35.000 neue Wahl-Registrierungen gezählt.

Foto: © APA/afp / MICHAEL TRAN



„Taylor ist ein Phänomen, das den auf Spaltung setzenden Putins und Trumps, den hypermaskulin auftretenden alten Männern, diametral gegenübersteht“, sagt Glasenapp. Ihr Feminismus sei nicht besonders intersektional – berücksichtige also nicht mehrfach diskriminierte Gruppen –, aber erreiche viele. Ob Swift versuchen könnte, eine Wiederwahl von Donald Trump als US-Präsident zu verhindern, wird seit Monaten diskutiert. Glasenapp ist sicher, dass sie sich zu einem Zeitpunkt äußern werde, „wo es Trump am meisten wehtut“.

„Miss Americana & The Heartbreak Prince“ – Die Mainstream-Königin

Die begabte Songwriterin, die clevere Geschäftsfrau, die strahlende Freundin von nebenan, die vielleicht mächtigste Frau der USA – Taylor Swift vereint diese Personen zu einem Gesamtbild, an dem Kritik mittlerweile zerschellt. „Sie ist ein Star, der wahrgenommen wird als divers, bunt, inklusiv, feministisch – und dabei zutiefst amerikanisch“, erklärt Glasenapp. Sie sei „Mainstream im allerbesten Sinne“.

Swift steht für den jungen, weiblichen, amerikanischen Traum. Einen seltenen Einblick in dieses Leben gewährte sie 2020 mit der Dokumentation „Miss Americana“, angelehnt an den Song „Miss Americana & The Heartbreak Prince“. Und weil bei ihr nichts Zufall ist, beginnt auch jedes Konzert der „Eras Tour“ mit diesem Lied. „It's been a long time coming“, singt sie darin – es hat sich lange angebahnt.

apa/dpa

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