Schwächung der Mitte - Politik

Die Polarisierung des politischen Spektrums schreitet weltweit voran. Die daraus resultierenden Entwicklungen werden den gesamten amerikanischen Kontinent und auch Europa im kommenden Jahr stark prägen. Die Entwicklung des ehemaligen pro-europäischen Liberalen Viktor Orban in Ungarn schien ihnen recht zu geben. Allerdings war schon damals Marine Le Pen in Frankreich die mit Abstand gefährlichste Rechtsextremistin der ganzen EU. Mittlerweile lässt sich kaum noch übersehen, dass der Kampf zwischen nationalistischen und autoritären Tendenzen auf der einen Seite und freiheitlich-demokratisch gesinnten Befürwortern einer europäischen Föderation auf der anderen den ganzen Kontinent erfasst hat und nicht mehr einer seiner Himmelsrichtungen zugeordnet werden kann. Innerhalb kürzester Zeit verschoben sich nun die Gewichte in Polen und in den Niederlanden jeweils so radikal, dass Warschau vermutlich bald wieder zu den starken Verfechtern der europäischen Einigung gehört, während ein Gründungsmitglied der Sechsergemeinschaft von 1952, das Königreich der Niederlande, mit einer entschieden rechtsextremen Kraft als mit Abstand stärkster Partei versuchen muss, zumindest die nächsten Jahre durchzustehen. Ziemlich erschreckend ist die Geschwindigkeit, mit der die traditionell christdemokratische, liberale und gemäßigt sozialdemokratische Mitte zerrieben wird zwischen den populistischen Parteien an beiden Rändern des politischen Spektrums. Besonders krass trat diese Polarisierung jetzt etwa im europäischsten Land Lateinamerikas hervor, nämlich in Argentinien. Dort wurde bei den Präsidentenwahlen mit Javier Milei ein etablierter Linksaußen von einem fanatischen und realitätsfernen Rechtspopulisten besiegt. Anderswo in Südamerika fegen Linkspopulisten vernünftige Konservative hinweg, und die dort einst machtvolle Christdemokratie ist fast gänzlich marginalisiert. Diese Entwicklungen werden die beiden Amerikas wie auch Europa im Jahr 2024 entscheidend herausfordern.