Warum er nicht mehr weitermacht und was er seinen Tiersern und seinem Nachfolger mit auf den Weg gibt, verriet er im Gespräch mit s+. <BR /><BR /><b>Herr Psenner, Sie sind zehn Jahren in der Gemeindepolitik – und gleich im höchsten Amt. Wie erlebten Sie es? </b><BR />Gernot Psenner: Ich wurde ohne vorherige Erfahrung in der Gemeindepolitik direkt zum Bürgermeister gewählt. Vieles war neu, vieles unbekannt. Doch mit großem Einsatz, Lernbereitschaft und Motivation konnte ich mich rasch in die Aufgaben und Abläufe einarbeiten. Gerade auf Gemeindeebene, davon bin ich überzeugt, braucht es vor allem eine große Portion Idealismus. Die Verantwortung ist groß, die Themen vielfältig und angesichts der extrem geringen Vergütung, insbesondere in kleinen Gemeinden wie Tiers, ist die Bereitschaft für politisches Engagement alles andere als selbstverständlich. Meine Grundhaltung war stets dem Gemeinwohl verpflichtet. Ein Ausgleich der verschiedenen Kräfte, vor allem zwischen Wirtschaft und Sozialem, ist nicht immer leicht. <BR /><b><BR />Was würden Sie rückblickend als größte Errungenschaft bezeichnen?</b><BR />Psenner: Ich möchte keine einzelne Errungenschaft besonders hervorheben – vielmehr blicke ich dankbar auf eine Vielzahl an schönen Projekten und Initiativen zurück, die wir in Tiers gemeinsam umsetzen konnten. Von der Auszeichnung als kinderfreundliche Gemeinde Südtirols über den Bau von zwei neuen Wasserkraftwerken bis hin zur Erweiterung des Friedhofs samt Errichtung einer würdevollen Gedächtnisstätte – all diese Meilensteine stehen für unser gemeinsames Engagement. Besonders in Erinnerung bleiben mir auch die vielen positiven Begegnungen.<BR /><BR /><b>Was waren die größten Herausforderungen?</b><BR />Psenner: Wie bei jeder verantwortungsvollen Aufgabe gab es auch herausfordernde Zeiten: die Unwetter wie Vaia, die Schneedruckereignisse oder der Borkenkäfer, schwierige Entscheidungen, ewig lange Genehmigungsprozesse, die sehr viel Geduld erfordern, die finanziellen Hürden bei Projekten und die Momente, in denen ich als Vermittler in Konfliktsituationen eingreifen musste. Da war es immer mein Ziel, das Beste für die Menschen in unserm Dorf zu tun, und ich bin dankbar für das Vertrauen, das mir entgegengebracht wurde.<BR /><BR /><b>Warum steigen Sie aus?</b><BR />Psenner: Seit Herbst bin ich Direktor im Haus der Familie, in Lichtenstern am Ritten. Da ich diese Aufgabe mit vollem Engagement wahrnehmen möchte, wird mir die Doppelbelastung zu viel. Die Gemeindepolitik fordert viel Zeit und Einsatz – wir dürfen nicht vergessen, dass in Tiers seit einigen Jahren keinen fixen Gemeindesekretär hat und viele Aufgaben auf den Bürgermeister zurückfallen. So ist mir in den letzten Monaten zunehmend bewusst geworden, dass ich die nötige Zeit und Energie, zumal ich ja auch eine Familie mit drei Kindern habe, nicht mehr investieren kann und will. <BR /><BR /><b>Mit 4. Mai endet Ihr Auftrag. Schwingt da auch ein bisschen Wehmut mit?</b><BR />Psenner: Ja, auf jeden Fall. Zehn Jahre sind eine lange Zeit. In dieser Zeit habe ich unser Dorf mit großem Engagement vertreten. Da ich ein Mensch bin, der von Visionen geleitet ist und den Anspruch hat, diese auch umzusetzen, wird mir dieser Handlungsspielraum fehlen. Wir dürfen uns glücklich schätzen, in einem Dorf mit einer wunderschönen, intakten Natur- und Kulturlandschaft zu leben. Zudem ist unsere Gemeinde sowohl finanziell, als auch strukturell bestens aufgestellt. Für viele Bürgerinnen und Bürger mag das selbstverständlich erscheinen, da sie es nicht anders kennen. Doch hinter dieser Tatsache stecken Einsatz, Geschick und Fleiß – auch schon vorheriger Verwalter. <BR /><BR /><b>In Tiers tritt bei den kommenden Wahlen eine Liste mit einem Bürgermeisterkandidaten an. Sofern das Quorum erreicht wird, steht Ihr Nachfolger also fest. Was sagen Sie Ihren Bürgern und was geben Sie dem Neuen mit auf den Weg?</b><BR />Psenner: Ich begrüße es, dass es bei diesen Wahlen nur mehr eine Liste gibt. In den letzten Jahren habe ich stets versucht, einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen politischen Anliegen und Vorstellungen zu finden. Wir leben zum Glück in einer Demokratie, in der Anliegen offen und kontrovers diskutiert werden können. Danach ist jedoch eine Entscheidung erforderlich, und die Mehrheitsentscheidung muss respektiert werden. In kleinen Gemeinden ist es umso wichtiger, zusammenzuhalten, um Projekte erfolgreich abzuschließen. Wenn ich beispielsweise an das kürzlich genehmigte Gemeindeentwicklungsprogramm denke, ist uns genau dieser Ausgleich als Gemeinderat gut gelungen. Meinem Nachfolger wünsche ich hier ein gutes Händchen. <BR /><BR /><b>Wie wird für Sie die Zeit ohne Gemeindepolitik? Was nehmen Sie sich vor?</b><BR />Psenner: Ich hoffe, in Zukunft mehr Zeit für meine Familie und Hobbys zu finden. Auch wenn ich nicht mehr in der ersten Reihe stehe, werde ich mich weiterhin mit Freude als Teil unserer Gemeinde für die positive Entwicklung unseres Dorfes engagieren.