Südtirol Online: Im Krankenhaus Bozen werden jährlich 6 bis 10 Kinder mit Verdacht auf Fremdkörperaspiration eingeliefert. Wie häufig kommt es generell zu solchen Vorfällen?Dr. Emanuela Pedevilla, Zuständige im Bereich Kinderärzte der Südtiroler Ärzte- und Zahnärztekammer: Zu sagen ist, dass die häuslichen Unfälle statistisch gesehen eine der häufigsten Todesursachen in der Kindheit sind. Dazu gehört das Inhalieren von Fremdkörpern. Kinder stecken vieles in den Mund, auch Lebensmittel.STOL: Um zu konkretisieren – hier geht es immer ums Verschlucken in die Atemwege, nicht um Gegenstände, die in der Speiseröhre hängen bleiben?Dr. Pedevilla: Inhalieren bedeutet Einatmen von Materialien in die Luftwege, die dadurch verstopft werden und die Atmung verhindern. Das heißt, dass der Gegenstand den falschen Weg nimmt und in die Luftröhre wandert. Die größte Gefahr besteht bei der Inhalation eines großen Fremdkörpers, der die große Luftröhre (sozusagen den Stamm des Baumes) verlegen kann und dadurch das Bild des akuten Erstickens mit Lebensgefahr hervorruft. - Foto: Broschüre "Inhalation von Fremdkörpern im Kindesalter"STOL: Was raten Sie den besorgten Eltern?Dr. Pedevilla: Das erste, was zu tun ist, ist die Vorbeugung. Die Wohnung muss kindgerecht sprich kindergesichert sein. Das heißt, dass dem Kind alle gefährlichen Flüssigkeiten, Spülmittel, Medikamente, zu kleines Spielzeug und dergleichen vorenthalten werden müssen. Das beginnt von der Geburt an – etwa auch was Gegenstände im Bettchen betrifft.STOL: Und was das Essen betrifft, welche Maßnahmen gibt es da? Dr. Pedevilla: Das zweite ist die Prävention am Tisch. Das Kind soll am Tisch sitzend essen, nicht am Sofa oder liegend. Verboten ist es auch im Kinderwagen oder Autositz … bis zu einem Alter von sagen wir 2 Jahren. Kein Keks, kein Brot, keine großen Stücke sollen ihnen in die Hand geben werden. Immer aus demselben Grund: Die Kinder könnten ein Stück inhalieren.STOL: Und was die Beschaffenheit der Lebensmittel betrifft? Dr. Pedevilla: Alle Dinge, die dem Kind angeboten werden, müssen kleingeschnitten werden. Trauben gevierteilt. Es gehören keine Oliven, Erdnüsse und dergleichen auf den Tisch. Vor allem auch Mozzarella führt immer wieder zu Problemfällen. STOL: Wenn es dann trotz allem zur Fremdkörperaspiration kommt?Dr. Pedevilla: Dann muss die Regel lauten, dass die Eltern und all jene Personen, die Kinder betreuen oder beaufsichtigen, für so einen Fall instruiert sind. Sie müssen die 118 anrufen und erklären, was passiert ist, auch sagen, dass ein Defibrillator mitgebracht werden soll. Dann soll mit Handgriffen zur Entfernung von Fremdkörpern aus den Atemwegen eingegriffen werden (siehe Anlagen). Zu beachten ist, dass diese bei Babys anders sind als bei Erwachsenen. Entfernen von Fremdkörper.pdf 3,77 MB Reanimation.pdf 5,81 MB STOL: Eltern werden von Ihnen ja regelmäßig angehalten, sich über diese Handgriffe zur Entfernung von Fremdkörpern aus den Atemwegen zu informieren…Dr. Pedevilla: Ja, im Rahmen der periodischen Kontrollen weisen wir immer wieder darauf hin. Wir haben mit Dr. Burkhard Wermter ein Projekt gestartet für alle Kinder von der Geburt bis 12 Jahren, indem wir den Eltern die Anleitungen zu solchen Fällen geben. Es sind auch Filme gedreht worden. Jedes Elternteil und jeder Erzieher ist angehalten, sich für den Notfall zu rüsten. Interview: Petra Kerschbaumer______________________________________Hier finden Sie noch umfassendere Informationen zur Inhalation von Fremdkörpern im Kindesalter: Infobroschüre.pdf 292,91 kB