Die Alpen werden immer grüner. Dies hat eine Studie der Universitäten von Lausanne und Basel ergeben. Auch hierzulande ist die Baumgrenze merklich nach oben geklettert. Betrachtet man die gesamte Erdgeschichte, nichts Ungewöhnliches. <BR /><BR />„Bei uns hat es auch schon mal Palmen bis auf die höchsten Höhen gegeben“, weiß Evelyn Kustatscher, Paläobotanikerin vom Naturmuseum Südtirol. Diesmal ist der Klimawandel allerdings vom Mensch gemacht.<BR /><BR />Der Klimawandel macht sich in den Alpen und somit auch in Südtirols Bergen noch stärker bemerkbar als in anderen Teilen der Erde. Vor allem auf die Gletscher und in der Folge auch auf die Pflanzenwelt wirken sich die steigenden Temperaturen aus. Wie ein im Zuge der Schweizer Studie durchgeführte Vergleich von Satellitenbildern zeigt, hat die Vegetation oberhalb der Baumgrenze fast überall zugenommen.<BR /><BR />„Da sich die Gletscher zurückziehen, wird Raum frei, der eben auch keine karge Öde ist. Das Weiß wird eben langsam zu Grün“, sagt Kustatscher. Die Paläotanikerin ist weltweit eine der führenden Wissenschaftlerinnen in ihrem Bereich und kennt sich bestens mit der Pflanzenwelt im Laufe der Weltgeschichte aus. Für sie ist das Phänomen, dass die Vegetation in immer höhere Höhen vordringt nichts besonderes. <BR /><BR /><embed id="dtext86-54598090_quote" /><BR /><BR />„Vor 30 Millionen Jahren hatten wir in den Alpen die Tropen. Da sind im ganzen Alpenraum Palmen gewachsen“, sagt sie.<BR />Und selbst zu Beginn der Menschheitsgeschichte sind hierzulande Relikte gefunden worden, die auf eine dichte Bewaldung bis in höchste Höhen hindeutet. Zu Zeiten des Ursus Ladinicus, jenes Höhlenbären, der 1987 in der Conturines-Höhle auf 2800 Metern im Gadertal entdeckt worden ist, dürften selbst die Höhe bewaldet gewesen sein. „Das war 25.000 Jahre vor der letzten Eiszeit. Da war es wirklich wärmer als heute“, weiß Kustatscher. <BR /><BR />Dass die Vegetationsgrenze sich nach oben schiebt sei somit bei Betrachtung der gesamten Erdgeschichte nichts Besonderes. „Besonders ist, dass wir uns eigentlich in einer Zeit befinden, in der es eigentlich kälter würde, durch die menschgemachte Klimaerwärmung die Temperaturen aber trotzdem steigen“, gibt sie zu bedenken. Dass am Ortler irgendwann einmal wieder Palmen stehen werden, darf bezweifelt werden.<BR /><BR /><BR />HINTERGRUND<BR /><BR />Die Alpen werden einer Studie zufolge wegen des Klimawandels immer grüner. Die Vegetation habe oberhalb der Baumgrenze in fast 80 Prozent der Alpen zugenommen, schreiben Forscher der Unis von Lausanne und Basel in der Fachzeitschrift „Science“. Wie die Auswertung von Satellitenbildern aus den Jahren 1984 bis 2021 weiter zeigte, nahm zugleich die Fläche der Schneedecke ab – wenn auch bisher nur leicht. <BR /><BR />„Das Ausmaß der Veränderung hat sich in den Alpen als absolut massiv herausgestellt“, sagt Sabine Rumpf von der Uni Basel. Pflanzen besiedelten neue Gebiete und die Vegetation werde generell dichter und höher. Die Zunahme der pflanzlichen Biomasse gehe auf veränderte Niederschläge und längere Vegetationsperioden infolge steigender Temperaturen zurück. Dieser Effekt könnte die spezielle Alpenflora bedrohen. „Alpenpflanzen sind an raue Bedingungen angepasst, aber nicht sehr konkurrenzfähig“, sagt Rumpf. Wenn sich die Umweltbedingungen änderten, würden diese spezialisierten Arten ihren Vorteil verlieren und verdrängt.<h3> Noch mehr Erwärmung</h3> „Die einzigartige Biodiversität der Alpen steht daher unter erheblichem Druck“, so die Forscherin weiter. Im Gegensatz zur Vegetation hat sich laut Studie die Schneebedeckung oberhalb der Baumgrenze seit 1984 nur geringfügig verändert. Die jeweilige Schneehöhe ließe sich anhand der Satellitenbilder aber nicht genau feststellen, hieß es.<BR /><BR /> Jedenfalls würden sich die Alpen mit der Erderwärmung immer mehr von Weiß zu Grün verfärben. „Grünere Berge reflektieren weniger Sonnenlicht und führen daher zu einer weiteren Erwärmung – und damit zu einer weiteren Schrumpfung der reflektierenden Schneedecke“, erläutert Rumpf.<BR />