Am Freitag feiert „Monte Rosa“ Premiere bei den VBB. Die österreichische Autorin Theresa Dopler hat das Stück im Rahmen des Peter-Turrini- DramatikerInnenstipendiums“ verfasst, 2021 wurde es am Landestheater Niederösterreich uraufgeführt. Der Dramaturg Daniel Theuring kommt von der Probe für den ersten Durchlauf von „Monte Rosa“...<BR /><BR /><BR /><b>Das Team befindet sich im Proben-Endspurt, die Spannung steigt. Wie zufrieden sind Sie mit dem, was Sie gerade auf der Bühne gesehen haben?</b><BR />Daniel Theuring: Es ist alles da. Die Produktion hat den Weg eingeschlagen, den wir vorhatten. Jetzt müssen sich die einzelnen Teile noch ineinanderfügen. <BR /><BR /><BR /><b>Sie haben darum gekämpft, dieses Stück auf den Spielplan zu bringen. Was gefällt Ihnen an Monte Rosa so sehr?</b><BR />Theuring: Ich bin in den Recherchen auf das Stück gestoßen, weil mich als erstes das Bergthema angezogen hat. Ich komme aus dem Allgäu, Berge stellen für mich eine Art Sehnsuchtsraum dar. Beim Lesen des Stücks habe ich dann die vielen Ebenen entdeckt, die der Text enthält. Monte Rosa fragt danach, wie sich Bergsteiger im hochalpinen Gelände verhalten, wie sie miteinander umgehen, wie sie miteinander sprechen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="956554_image" /></div> <BR /><b>Wobei die Figuren wenig miteinander sprechen, die Dialoge sind sehr lakonisch…</b><BR />Theuring: Es passiert viel zwischen den Zeilen, und das ist für uns im Theater interessant. Der Subtext, mit dem wir das Stück füllen können, bereichert das gesamte ästhetische Konstrukt. Die Figuren finden zum Leben beispielsweise durch ihre verschiedenen Marotten, die eine vergisst, die andere lügt, usw. Der Text hat auch etwas Bedrückendes, die Bergsteiger begeben sich in eine Todeszone; sie sind isoliert und müssen damit rechnen, zurückzubleiben. <BR /><BR /><BR /><b>Die Figuren geben sich doch sehr optimistisch?</b><BR />Theuring: Extrembergsteiger müssen immer positiv denken; wenn ihnen zum Beispiel einfällt, dass ihnen was abfrieren könnte, ist es schon zu spät. Wir haben uns mit Jens Badura, dem Kulturphilosophen und Bergexperten, beraten, was Verhaltensweisen beim Extrembergsteigen betrifft. Dieser Verhaltensraum, wo es in erster Linie um das Überleben geht, ist von Teresa Dopler sehr gut beobachtet. <BR /><BR /><BR /><b>Es scheinen typische männliche Verhaltensweisen zu sein. Sie besetzen 2 der 3 Bergsteigerfiguren, bei Teresa Dopler A, B, und C, mit Frauen. Gendern als Zugeständnis an den Zeitgeist?</b><BR />Theuring: Wir waren mit dem Tod in Venedig sehr männlich unterwegs. Tatsächlich ist auch die Welt von Monte Rosa eine absolut patriarchale und meine Kollegen haben sie wie Sie als eine sehr männliche gelesen. Ich bin mir aber sicher, dass die Figuren auch Frauen sein können und habe schlussendlich das Team davon überzeugen können. Ich musste freilich auch das Einverständnis der Autorin einholen. Das Stück war in einer vergangenen Inszenierung bereits weiblich besetzt, aber nicht so konsequent durchdacht, was eine solche Extremsituation für Frauen bedeutet. Die Regisseurin Susanne Frieling verwendet verschiedene Theatermittel, Videotechnik, Licht, Interviews zum Thema, um den Text aufzubrechen. <BR /><BR /><BR /><b>Der Text löst viele Assoziationen aus, auch das Verhalten beim Streben nach Spitzenpositionen?</b><BR />Theuring: Die Situation im Hochgebirge ist auf viele andere herausfordernde Situationen übertragbar, zum Beispiel auf das Theater selbst, wo man als Seilschaft etwas auf die Bühne stemmen muss; Manager im Publikum werden vielleicht ihre Situation wiedererkennen, Politiker …<BR /><BR /><BR /><b>In der Theaterseilschaft, die ein Stück auf die Bühne stemmt, ist manchem Außenstehenden die Rolle des Dramaturgen wenig klar. In Schauspielerkreisen kursiert manchmal das etwas despektierliche Bonmot: „Der Dramaturg liest sich das Drama durch.“ Wie würden Sie Ihre Rolle beschreiben?</b><BR />Theuring: Wir Dramaturgen agieren im Hintergrund. Wir unterstützen den Intendanten bei der Erstellung des Spielplans, bei der Wahl der Stücke. Wir haben mit den Verlagen zu tun, kümmern uns um die Rechte. Wir sind die Experten für ein Stück, vertreten die Position des Autors; bei lebenden Autoren suchen wir, wenn möglich, den direkten Kontakt. Ich muss darauf achten, dass ein Text auf der Bühne so erscheint, wie ihn der Autor oder die Autorin gemeint hat. Das beinhaltet viele ästhetische Fragen und damit beginnt die Diskussion nach der Umsetzung, die Suche nach einem passenden Regisseur, einer Regisseurin und nach den geeigneten Schauspielern. <BR /><BR /><BR /><b>Die Klassiker können sich diesbezüglich nicht mehr wehren…</b><BR />Theuring: In einem Theater, das zeitgenössisch sein möchte, fragen wir danach, wie wir Klassiker aktuell machen können. Durch Multidisziplinarität zum Beispiel, oder durch Überschreibungen klassischer Stücke durch zeitgenössische Autoren. Klassiker zu spielen, gehört zu unserem Auftrag als Vereinigte Bühnen Bozen und das möchten wir auch. <BR /><BR /><BR /><b>Würde es Sie reizen, Regie zu machen?</b><BR />Theuring: Mich reizt das schon auch. Manche Intendanten ziehen sehr strenge Grenzen zwischen Dramaturgie und Regie, und das ist in Ordnung, aber Intendant Rudolf Frey ist diesbezüglich sehr offen. <BR /><BR /><BR /><b>Wer oder was hat Sie an das Theater nach Bozen verschlagen?</b><BR />Theuring: Ich lebe gerne in der Natur und möchte gleichzeitig Theater machen. Rudolf Frey hat mich als Regisseur sehr inspiriert und ich schätze seinen Umgang mit Menschen am Theater. In Theatern kann es leider oft sehr toxisch zugehen. <BR /><BR /><BR /><b>Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Vereinigten Bühnen Bozen?</b><BR />Theuring: Es würde mich freuen, wenn das Theater stärker über Südtirol hinaus Strahlkraft entwickeln könnte. Ich möchte daran arbeiten, dass Menschen nicht nur aus den üblichen touristischen Gründen nach Bozen kommen, sondern auch einer bestimmten Theateraufführung wegen. <BR /><BR /><BR /><b>Premiere:</b> Freitag, 20 Uhr, Studio Stadttheater Bozen <BR /><BR /><Fett>Termine:</Fett> 28.10., 20 Uhr und um 19.15 Uhr Stückeinführung – 29.10., 18 Uhr 23., 24. 11., 20 Uhr – 29., 30.11., 10 Uhr (Schulvorstellungen) – 1., 2.12., 20 Uhr – 3.12., 18 Uhr<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="956557_image" /></div> <BR /><h3> Zur Person</h3><Fett>Daniel Theuring</Fett>, Westallgäuer; Studium an der Ludwig-Maximilian-Universität München und der Bayerischen Theater Akademie August Everding; Dramaturgie, Neuere deutsche Literatur und Kunstgeschichte; 2007 Abschluss als Diplom Dramaturg der Universität, Abschlussarbeit: „Faust Konzentrat – eine dramaturgische Analyse der Faust Inszenierungen Michael Thalheimers“; Regie- und Dramaturgie-Assistenzen und Regiearbeiten am Bayerischen Staatsschauspiel München (Dorn/Ruckhäberle) und Theater Basel (Delnon/Perrig); 2011 an verschiedenen privaten und städtischen Theatern als freier Regisseur und Dramaturg tätig; journalistische Arbeiten und Lehrtätigkeit; 2014 Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, KBB und Disposition im Theater Lindenhof Melchingen; 2016 Projektmanagement und Projektleitung Bundesmodellprojekt „Dehnungsfuge .lkj) Sachsen-Anhalt“, Projektkoordinator und Leitung KBB im Theater Eisleben; 2017 Schauspieldramaturg, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Nordharzer Städtebundtheater Halberstadt / Quedlinburg; 2021 Dramaturg im Stadttheater Ingolstadt; ab der Spielzeit 2023/24 Dramaturg der Vereinigten Bühnen Bozen.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />