Dafür verantwortlich ist Peter Paul Kainrath, der künstlerische Leiter von Bolzano Festival Bozen, das in sich mehrere Musikreihen vereint und unzählige Musiker und Musikerinnen – große Meister und junge Talente – nach Südtirol holt. Nun wurde das neue Programm vorgestellt.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1140810_image" /></div> <BR /><b>Über Zuwachs an jungem Publikum und jungen Musikerinnen und Musikern kann sich das Bolzano Festival Bozen nicht beklagen. Wenn man dies an Zahlen messen möchte, so sind sie erstaunlich: 648 angehende Pianisten und Pianistinnen hatten sich für den Busoni Klavierwettbewerb angemeldet, 34 werden im September am Contest teilnehmen. Knapp 900 Instrumentalisten und Instrumen- talistinnen möchten die Gustav Mahler Academy besuchen. Was ist das Erfolgsgeheimnis?</b><BR />Peter Paul Kainrath: Transparenz und Respekt vor den jungen Talenten und eben die Möglichkeit, sich hier mit wirklich bedeutenden Persönlichkeiten des internationalen Musiklebens zu den Meisterwerken klassischer Musik auszutauschen und sich auch mit ihnen messen zu können.<BR /><BR /><b>Apropos Gustav Mahler Academy und der Auseinadersetzung mit Meisterwerken der Klassik, auch in diesem Jahr werden die Jugendlichen sich wieder einer bestimmten musikalischen Zeitspanne widmen: der Erkundung des romantischen Repertoires an der Wende zum 20. Jahrhundert mit besonderem Augenmerk auf Sibelius…</b><BR />Kainrath: Philipp von Steinaecker hatte die geniale Idee das Klanguniversum von Mahler und dessen Zeitgenossen mittels originaler Instrumente aus der vorvergangenen Jahrhundertwende zu durchmessen. Es geht hier nicht nur um rein musikalisch-klangliche Aspekte, sondern eine historische Epoche, die der unsrigen gar nicht so unähnlich ist, beim Atmen zuzuhören.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1140813_image" /></div> <BR /><b>Wie Sie bereits erwähnen hat der künstlerische Leiter mit seinem „Originalklang“-Projekt über die Grenzen hinaus große Erfolge gefeiert, die sich wiederum auf das Bozner Festival auswirken? 2026 ist die 1. Sinfonie von Gustav Mahler geplant...</b><BR />Kainrath: Es ist ein Alleinstellungsmerkmal, das von Steinaecker hier auf die Wege gebracht hat. Keine zweite Akademie bringt die Jugend von heute zum noch pochenden Herz einer vergangenen Epoche, aus der man noch viel für die Gegenwart lernen kann.<BR /><BR /><b>Neu ist in diesem Jahr, dass die Academy neben den Instrumentalisten auch junge Sängerinnen aufnehmen will…</b><BR />Kainrath: Sir Eliot John Gardiner, einer der berufensten Originalklangexperten, hat sich Lieder von Mahler neben den sinfonischen Werken gewünscht. Da wird es spannend zu sehen, wie Stimme sich mit dem Instrumentalklang von damals mischt.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1140816_image" /></div> <BR /><BR /><b>Das Bolzano Festival Bozen ist von internationalem Geist beseelt: Auf welche großen Meister und aufstrebende Musikerinnen darf man sich freuen?</b><BR />Kainrath: Vasily Petrenko, Manfred Honeck, Ivan Fischer, Renaud Capucon, Pablo Ferrandez, European Union Baroque Orchestra, Sayaka Shoji bis hin zum letzten Busonipreisträger Arsenii Moon – die Liste herausragender Musiker ist sehr lang. Alle zeichnet aber aus, dass sie sich in besonderem Maße für die jungen Talente engagieren.<BR /><BR /><b>Und was werden das Gustav Mahler Orchester und das European Union Youth Orchestra zur Aufführung bringen?</b><BR />Kainrath: Violinkonzerte von Tschaikovsky und Mozart, Sinfonien von Bruckner und Dvorak, Shostakovich und der Feuervogel von Stravinsky – eben genau jenes Repertoire, in dem das Feuer dieser durchgehend jungen Musiker besonders stark zum Lodern beginnt.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1140819_image" /></div> <BR /><b>In Bozen trifft ein internationales Publikum auf internationale Musikerinnen und Musiker. Könnte man diese Begegnung als die DNA des Festivals bezeichnen?</b><BR />Kainrath: Es geschieht hier etwas, das anderswo so nicht denkbar ist. Die jungen Musikerinnen halten sich für längere Zeit in der Stadt auf, erleben einen maßgeblichen Moment ihrer eigenen beruflichen Laufbahn und spielen vor einem Publikum, das sich gleichermaßen aus internationalen Gästen und heimischen Konzertbesuchern zusammensetzt. Hier geschehen wahrhaftige Begegnungen – mitunter auch einige, die für das Leben bleiben.<BR /><BR /><b>Andererseits will Bolzano Festival Bozen auch ein Musikfest für die Region sein, schon allein durch die Tatsache, dass die Eröffnung jedes Jahr im Semiruarli-Park mit dem heimischen Haydn Orchester statt- findet. Auch durch die niedrigen Ticketpreise ermöglichen Sie Konzerte für die ganze Familie (Anm. d. Red. höchstens 25 Euro für Erwachsene, Eltern mit Kindern zahlen nur 1 Euro für den Nachwuchs). Die EUYO-Konzerte etwa mit demselben Programm kosten bei den Salzburger Festspielen um die 120 und noch mehr Euro. Wie schaffen Sie das?</b><BR />Kainrath: Das ist nur zu schaffen, weil die Stadt Bozen seit vielen Jahrzehnten dem Binom „Musik und Jugend“ einen besonderen Wert beimisst. Hier wird klassische Musik gefördert, die gleichzeitig auch als eine Investition in die Zukunft all dieser Talente verstanden werden kann. Zudem haben wir zum ersten Mal ein „Osterei“ aufgelegt: Bis zum Ostermontag gibt es auf allen Karten einen österlichen Frühbucherrabatt von 25 Prozent.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1140822_image" /></div> <BR /><BR /><b>Immer wieder wird über den Mehrwert der Kultur für die Wirtschaft diskutiert. Die Handelskammer Bozen hat 2022 diesbezüglich eine Studie herausgegeben. Der Präsident des Verkehrsamtes Bozen, Roland Buratti, erklärte sogar, dass aufgrund der Musikveranstaltungen im Sommer mehr Menschen die Stadt besuchen als während des Weihnachtsmarktes. Konnten Sie damit auch schon bei Sponsoren punkten, welche Beobachtungen haben Sie gemacht?</b><BR />Kainrath: Eine Stadt, die sich so rückhaltlos zur Kultur bekennt, lebt Werte, die durch nichts ersetzbar sind. Dies sehen auch die Förderer und die Sponsoren.<BR /><BR /><b>Sie haben erklärt, dass gerade auch durch Kooperationen, das Festival auf beinahe doppelt so hohe Förder- ungen zählen kann als noch vor der Pandemie, damals waren es rund 600.000 Euro. Können Sie einschätzen, wie viel Geld die Region durch ihr Festival generiert?</b><BR />Kainrath: Es gibt hierzu zahlreiche Studien, die man auf das Bolzano Festival Bozen herunterbrechen müsste. In der Regel kann man von einem Faktor von zumindest 3 – 5 sprechen, den Kulturgeld als ökonomischen Mehrwert zu erzeugen imstande ist.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1140825_image" /></div> <BR /><BR /><b>Das Bolzano Festival Bozen bietet nicht nur Musik an, sondern bildet Musiker und Musikerinnen aus und dringt ganz tiefe ein in das Innerste der Stadt durch die Hofkonzerte etwa, durch die Zusammenarbeit mit dem Konservatorium, die Kammerkonzerte in Hotelparks, im Merkantilgebäude oder auch auf öffentlichen Plätzen…</b><BR />Kainrath: Für die Stadt Bozen und deren Busoni-Mahler Stiftung ist es wichtig, dass die Musik in einer Form präsentiert wird, die alle angehen kann. Dank der hervorragenden Kooperation mit dem C. Monteverdi Konservatorium können wir Musik bis in die Höfe von Kondominien tragen. Bolzano Festival Bozen ist und will ein Fest der Musik sein.<BR /><BR /><b>Und dann gibt es noch die Reihe Antiqua und die Konzerte der Streicherakademie, die 2026 ihr 40-jähriges Bestehen feiert. Was steht da auf dem Programm?</b><BR />Kainrath: Claudio Astronio, der künstlerische Leiter von Antiqua, hat ein exquisites Programm entworfen: eine Reise von Scarlattis Neapel über Vivaldis Venedig bis hin zu Bachs Leipzig und Händels London und mit einem zusätzlichen Akzent zu römischer Musikkultur des 18. Jahrhunderts. Er erinnert uns daran, dass damals die Musiker alle nur vorstellbaren Anstrengungen unternommen haben, um neue Horizonte, neue Musikstile, neue Persönlichkeiten kennen zu lernen. Musik als absoluter Horizonterweiterer also. Und die Streicherakademie Bozen wird mit der preisgekrönten japanischen Violinistin Sayaka Shoji im Schloss Maretsch auftreten. <BR /><BR /><b>Sie sprachen auch von Denationalisierung, einem Begriff der jetzt zukunftsweisend ist. Was meinten Sie konkret damit?</b><BR />Kainrath: Zu viele Musikwettbewerbe und Akademien präsentieren deren Teilnehmer als sogenannte Vertreter von Nationen. Aber keine Nation entsendet Musiker so wie dies im Sport der Fall ist. Die Musiker sind globale Bürger, geübt im Zuhören und Meister des Dialogs. Um das geht es letztendlich.<BR /><BR /><b>Programm: 5.8. bis 7.9.</b><BR />Der internationale Busoni Klavierwettbewerb (27.8 bis 7.7.) gehört auch zu Bolzano Festival Bozen. Darüber berichten wir zu einem späteren Zeitpunkt. Tickets für das Festival sind bereits verfügbar.