Im Gespräch nimmt der Autor zu seinem neuen Gedichtband Stellung. <BR /><BR />So zart wie die vom Autor selbst beigesteuerten Zeichnungen sind auch seine Texte, die dem vorangestellten Motto der Gertrude Stein „Man muss wagen, glücklich zu sein“ abgelauscht scheinen. Und wer Gertrude Stein kennt, weiß, dass hinter ihrem poetischen Diktat ein Subtext mit vielen differenzierten teils ironischen wie auch sarkastischen Brechungen lauert. So auch bei Jörg Zemmler, dem es gelingt, mit seinen neuen Gedichten eine positive Stimmung zu schaffen, ja zuweilen auch den Zauber impressionistisch anmutender Wortmalerei, die aber stets aus realen Vorgängen und Erlebnissen begreifbar und lesbar sind: <BR /><BR /><i>Als ich begann Mich zu verlassen Auf dich Verließest du Uns bis Ich mich Wieder Einkriegte Berechenbar Waren wir uns Beide nicht geheuer. </i><BR /><BR />Das gar nicht „Berechenbare“, sondern Überraschende an Jörg Zemmlers Versen ist, dass seine Gedichte als kontinuierlicher ständiger Dialog vom Ich zum Du und zum Wir daherkommen, dass sie Fragen stellen und auch beantworten, dass sie Brüche im menschlichen Umgang bloßlegen, die oft aber von der Liebe wieder gekittet werden. Die Gedichte sind im Zeitraum von 2017 bis 2022 auf Reisen, in Wien und in Südtirol, entstanden. Im Gespräch nimmt der Autor zu seinem neuen Gedichtband Stellung. <BR /><BR /><b><BR />„Wir wussten nicht warum / Nur Zweifel gab es keine“ ist der überaus sprechende und fast prosaische Titel Ihrer neuesten Gedichtsammlung. Wenn man an Liebeslyrik denkt, wird man meistens an die Tradition dieses früher stark betretenen Genres erinnert. Wie war es bei Ihnen, warum eigentlich Liebesgedichte? </b><BR />Jörg Zemmler: Wenn Sie den Titel des Buches nehmen und „wir“ mit „ich“ ersetzen – also „Ich wusste nicht warum / Nur Zweifel gab es keine“ – so begab sich das ungefähr. Ich war selbst erstaunt, wo ich da hingekommen war, und mit jedem Gedicht staunte ich mehr und ich staune gern, also habe ich weitergemacht. Der Begriff Liebesgedichte ist vielleicht etwas reduktiv für das, was in den Texten verarbeitet wird. Aber egal, ich kann auch kein besseres Wort anbieten.<BR /><BR /><b>Es sind vor allem die zweiten Strophen oder Strophenschlüsse, die auch ein Augenzwinkern, ein wenig Ironie in diese sprachschönen und vollendeten lyrischen Gebilde bringen. War das so gewollt oder hat sich das beim Schreiben automatisch eingestellt?</b> Zemmler: Beides. Im Sinne von, es ist schon bei den ersten Gedichten passiert, und dann habe ich es bewusst beibehalten. Die Gedichte bewegen sich meist auf 2 Ebenen, einer erzählerischen und einer reflexiven, die das gerade Erzählte aufgreift oder ergänzt, manchmal auch mit einem Augenzwinkern, absolut. Es wird auch viel gescheitert in den Gedichten, und dann, ganz wichtig, darüber gelacht.<BR /><BR /><b>Zu bewundern ist auch die Leichtigkeit, mit der diese Gedichte daherkommen. Kann dies als Markenzeichen dieser Verse gelten?</b><BR />Zemmler: Es gibt den Schwebezustand, erreichbar mit einer Spaceshuttle oder eben auch am Boden bleibend in Momenten des Glücks oder der Freude, wo alle Sorgen außen vor gelassen sind und sich eine Zufriedenheit einstellt, ein Einverstanden Sein mit dem Dasein. Dort wohnt die Leichtigkeit, und dort wollte ich mit den Gedichten hin, inhaltlich und auch von der Form her. Wobei es schon auch traurige Stellen im Buch gibt, das möchte ich dazusagen.<BR /><BR /><b>Neben Ihrer schriftstellerischen Karriere sind Sie ja auch Musiker und bildender Künstler. Wie viel Musik ist in Ihrer Lyrik zu finden? </b><BR />Zemmler: Rhythmus und Sprachmelodie sind mir ganz wichtig in den Gedichten und überhaupt in meinem Schreiben. Dann kommt noch das – sagen wir – Bildnerische dazu, das Schriftbild, die Absätze, die Leerzeilen. Erst wenn alles passt, kann es bestehen und ist fertig, egal ob es dann an der Wand hängt, auf dem Klavier klingt oder am Nachttisch liegt. Und dann sollte zur Feier getanzt werden, frei nach dem Satz von Gertrude Stein, den ich den Gedichten im Buch vorangestellt habe: „Man muss wagen, glücklich zu sein.“<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="835181_image" /></div> <BR /><BR /><b>Zur Person:</b> Jörg Zemmler, geb. 1975 in Bozen, wohnt in Wien und Seis. Arbeitet interdisziplinär &experimentell. War 2006 dFm4 Protestsongcontest Sieger, 2009 österreichischer Slam Meister, gewann 2013 den Ö1 Preis „Hautnah“, bekam 2019 den Oberdörfer-Preis. Zuletzt erschienen 2015 „papierflieger luft“ , „Seiltänzer und Zaungäste 2019 bei Klever (Wien) , 2017 “Airplay“ als Download & Cd. 2017 Stipendium Schloss Wiepersdorf. 2018-2021 freier Mitarbeiter bei Radio RAI Südtirol für die Sendung -Forum Literatur-. Filme: „Der Felderer Much erzählt“ 2018, „Willy Valier (der/il)“, 2021. 2022 erscheint -Piano Bar-, Vinyl, Cd, digital, experimentelle Klaviermusik.<Rechte_Copyright></Rechte_Copyright><BR /><BR /><b>Buchtipp:</b> Jörg Zemmler, „Wir wussten nicht warum / Nur Zweifel gab es keine“, Gedichte, Limbus Berlag 2022, 92 Seiten<BR /><BR />Bestellen: <a href="https://www.athesiabuch.it/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">www.athesiabuch.it</a><BR /><BR />