<b>von Eva Gratl<BR /><BR />Wie können wir den Titel der Ausstellung „Linear continuum“ verstehen?</b><BR />Benjamin Zanon: Ich wollte den Fluss, die Fortsetzung beschreiben. Linie und Punkt sind wesentliche Bestandteile meiner Kunst, das ist das Universum, in dem ich mich befinde. Beide können wahnsinnig viel. Es geht immer wieder auch um den Versuch, dem Unbewussten mit den mir geläufigen Methoden eine Form zu geben, und es dadurch irgendwie ins Bewusstsein zu holen, ganz unabhängig, ob es dann verständlich wird oder vage, bzw. verschlüsselt bleibt. Insofern ist nicht nur jede einzelne Arbeit, sogar jeder einzelne Strich oder Punkt eine klare Notiz über mich selbst.<BR /><BR /><b>Ich betrachte Ihre Arbeiten auch als ein eindringliches Statement gegen unsere schnelllebige Zeit, die sich per Wisch und Knopfdruck die Welt erschließt...</b><BR />Zanon: Ich brauche die langsame Arbeit sehr stark als Kontrapunkt. Mir ist auch vieles viel zu schnell, auch dass wir ständig die gesamte Welt in der Hosentasche haben. Meine Arbeit ist sicher eine Art der Entschleunigung. Wichtig ist mir, weil wir ja fast in der digitalen Welt verschwinden, dass wir etwas mit den Händen machen. Da ist die Arbeit am Holz noch intensiver als auf Papier. Da gibt es mehr Widerstand, denn die Maserung beeinflusst die Zeichnung. Dagegen ist Schwarz auf Weiß der höchste Kontrast, eine eher klare Art, denn ich benötige nur ein einzelnes Werkzeug: Papier und Stift. Vielleicht ist die Arbeit konzentrierter oder einfacher. Wenn Farbe dazukommt – deshalb setze ich nur eine Farbe ein – wird es viel schwieriger. Farbe bedeutet Emotion. Vielleicht kann man es so erklären: Farbe ist die emotionale Ebene, Schwarz auf Weiß ist mehr die denkende Ebene.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1092861_image" /></div> <BR /><b>Zur Ausstellung</b><BR />Was der Zeichner für ein besonderes Auge hat und was ihm der hauchdünne Tuscheliner alles ermöglicht, beweist Benjamin Zanon in seiner neuen Ausstellung „Linear Continuum“. Der Künstler, gebürtig aus Osttirol mit heimatlichen Wurzeln in Alttirol, ist hier kein Unbekannter. Das Südtiroler Kulturinstitut widmete ihm vor einem Jahr bereits eine Schau. <BR /><BR />Zeichnen spinnwebfein, mit dem Blick für innere und äußere Landschaft. „Linear continuum“ ist auch eine besondere Entdeckung der Innen- und Außenwelt. Und auch wenn wir Flussläufe, Blätter, Baumjahresringe zu erkennen glauben, der Künstler verwandelt Gesehenes in eine innere Seelenlandkarte, wobei er seine besondere Zeichensprache einsetzt. <BR />Zeichnen vergleicht Zanon mit einer Wanderung, und die zu begleiten, bedeutet für unser Auge: Ganz nahe herantreten, den Beginn des Strich-Linienmusters suchen, sich in seinen netzartigen Strukturen verfangen. Zu sehen sind große und kleine Formate und Tuschestift auf Büttenpapier sowie Arbeiten auf Holz, das sich auf eine Farbe beschränkt, alle 2024 entstanden. „Es sind vor allem Seelenlandschaften: Die Zeichnungen auf Büttenpapier spiegeln das wider, wo ich körperlich bin, die farbigen sind seelische Abrisse. Es geht um konkrete persönliche Erfahrungen, um Freude und Sterben, um äußere und innere Landschaften.“<BR /><BR /><b>Zur Person</b><BR />Benjamin Zanon wurde 1981 in Lienz geboren. Er hat Architektur und Philosophie studiert, absolvierte dann seine Ausbildung an der Akademie in Düsseldorf bei Richard Deacon. Seit 2015 lebt und arbeitet als freischaffender Künstler in Innsbruck. Zanons Arbeit wurde mehrfach ausgezeichnet, (Hilde-Zach Stipendium der Stadt Innsbruck, 2022, Preis für Grafik des Landes Oberösterreich, 2019, Förderpreis des Landes Tirol 2017), seine Zeichnungen waren und sind in zahlreichen Ausstellungen unter anderem in Deutschland, Österreich und Italien zu sehen. <BR /><BR /><b>Termin:</b> Bis 2. November, Kunstforum Unterland, Galerie der Bezirksgemeinschaft Überetsch Unterland, Lauben 26, Neumarkt.