<b>Von Marian Wilhelm</b><BR /><BR />Die letzten Jahre hat er trotz allerlei fragwürdiger Einladungen alte Männer mit MeToo-Geschichte – doch einen guten Direktoren-Job gemacht. Das Standing des zusammen mit Cannes wichtigsten Filmfestivals ist gestiegen, vor allem durch allerlei Oscar-Favoriten und -Gewinnern aus seinem Festival-Programm. <BR /><BR />Seine heurige Geschmacksverirrung schlägt sich zum Glück nur im Titel des Eröffnungsfilms nieder. Hier eine Besprechung und mehr zum ältesten Filmfestival der Welt...<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1066482_image" /></div> <BR /><BR />Zum Auftakt serviert also Alberto Barbera diesmal eine doppelte Portion Käfersaft in seinem Veneziano, frisch gemixt von Monster-Veteran Timothy Walter Burton. Der präsentiert, außer Konkurrenz, die Fortsetzung seines Fantasy-Klassikers „Beetlejuice“. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1066485_image" /></div> <BR />Und bei „Beetlejuice Beetlejuice“ fühlt man sich sogleich zurückversetzt ins Jahr 1988, nicht nur was den Titel und den liebevollen Stil des Regisseurs betrifft. Auch der mittlerweile mitten in einem Comeback gelandete <b>Michael Keaton</b> ist wieder mit von der Partie in der Titelrolle des morbiden Geists Betelgeuse. Der Eröffnungsfilm überzeugt vor allem mit der Handarbeit, die an Burtons früheren Karriere anschließt. Der namengebende Ungustl ist auch diesmal herrlich inkorrekt. <b>Monica Bellucci</b> im sterblichen Star-Leben abseits der Leinwand mit Burton liiert – ist als Betelgeuses Exfrau Delores mit dabei. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1066488_image" /></div> <BR />Wahl-Römer und experimentierfreudige Frohnatur <b>Willem Dafoe</b> spielt einen Geister-Detektiv, der in einem früheren Leben B-movie Actionstar war. Eine spaßige Mischung, die der Regel, dass Fortsetzungen schlechter sind als das Original eine weitere Ausnahme hinzufügt.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1066491_image" /></div> <BR />Auch nach der Eröffnung verspricht das Staraufgebot vor dem Palazzo di Cinema am Lido zumindest nicht enttäuschend zu werden. Nach einem Jahr der Improvisation auf Grund des Hollywood-Arbeitskampfes ist der Durst der Paparazzi jedenfalls groß. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1066494_image" /></div> <BR />Mit Jury-Chefin <b>Isabelle Huppert</b> ist heuer die vielleicht beste lebende Schauspielerin Europas in der Verantwortung. Wenn sie als Jurorin ebenso viel Gefühl für kleine und ungewöhnliche Filmarbeiten hat wie als Darstellerin hat der Goldene Löwe durchaus eine Chance auf einen überraschenden neuen Besitzer. Zusammen mit Huppert entscheiden außergewöhnlich viele renommierte Filmemachende wie <b>James Gray, Andrew Haigh, Kleber Mendonça Filho, Abderrahmane Sissako, Giuseppe Tornatore</b> und <b>Julia von Heinz,</b> sowie die Regisseurin und Präsidentin der Europäischen Filmakademie <b>Agnieszka Holland</b> und die chinesische Schauspielerin <b>Zhang Ziyi.</b><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1066497_image" /></div> <h3> Wettbewerb</h3><BR />Im Wettbewerb kommt Italiens Hollywood-Export Nummer Eins <Fett>Luca Guadagnino</Fett> an den Lido, der vergangenes Jahr streikbedingt seinen Eröffnungsfilm zurückziehen musste. Diesmal heißt sein Film <TextHBlau>„Queer“</TextHBlau> und verspricht ebenso wild zu werden wie die neuen Werke von <Fett>Brady Corbet, Athina Rachel Tsangari, Pablo Larraín</Fett> oder <Fett>Pedro Almodóvar.</Fett><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1066500_image" /></div> <BR />Mit <b>Maura Delpero</b> ist unter den italienischen Wettbewerbs-Filmen auch eine Südtirolerin zu finden. Ihr Film „Vermiglio“ ist eine italienisch-französisch-belgische Historienfilm, angesiedelt am Ende des Zweiten Weltkriegs. Er wurde auch in der Region gedreht, mit einer heimischen Geldspritze und vielen alpinen Kulissen, wie auch der englischsprachige Titel „Vermiglio, the Mountain Bride“ verrät. Produzentin <b>Francesca Andreoli</b> verriet schon im Vorfeld gegenüber dem amerikanischen Fachmedium Variety, es sei „ein Kriegsfilm ohne Gewehre und Bomben, in dem nur ein Schuss abgefeuert wird.“<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1066503_image" /></div> <BR />Maura Delpero ist eine von nur 6 Regisseurinnen in einem von Barbera noch immer ungleich ausbalancierten Wettbewerb von 21 Filmen.<BR /><h3> Abseits des Wettbewerbs</h3><BR />Auch abseits des Wettbewerbs ist am Lido was los. Harmony Korine bringt <TextHBlau>„Baby Invasion“</TextHBlau> mit, die Gangster-Komödie <TextHBlau>„Wolfs“</TextHBlau> vereint George Clooney und Brad Pitt wieder vor der Kamera und Alfonso Cuarón, Thomas Vinterberg und Joe Wright stellen jeweils eine neue Streaming-Serie in Venedig vor. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1066506_image" /></div> <BR />Ernste Töne gibt es mit Errol Morris’ „Separated“ über auseinandergerissene Familien und Amos Gitais „Why War“ über den Briefwechsel von Albert Einstein und Sigmund Freud und den Krieg als leider viel zu aktuelles Unding der menschlichen Zivilisation. Zum Abschluss kommt dann noch Western-Veteran Kevin Costner mit dem zweiten Teil seines Epos „Horizon: An American Saga“ vorbei. <BR />Ob Löwenbändiger Barbera mit seiner heurigen Auswahl tatsächlich Geschmack bewiesen hat, wissen wir in 10 Tagen. Appetit macht er mit seinem Veneziano 2024 aber allemal.<BR /><BR /><BR />Das Filmfest Venedig findet vom 28. August bis zum 7. September statt. 21 Werke konkurrieren um den Hauptpreis Goldener Löwe. Die Entscheidung über den Goldenen Löwen liegt bei der 9-köpfigen Jury.<BR />Über Maura Delperos Film „Vermiglio“ berichtet die Kulturseite am 24.7.2024