Es gibt keine genauen Zahlen zur Lage in Südtirol. Initiator und Fotograf Georg Lembergh startete 2019 einen Aufruf in den Medien, um Betroffene ausfindig zu machen. Eine Mauer des Schweigens ließ eine normale Recherche nicht zu. <BR /><BR />Über 50 Personen haben sich gemeldet, 8 waren bereit, ihre Erfahrungen im Buch „Wir brechen das Schweigen. Betroffene sprechen über sexuellen Missbrauch“ offen zu erzählen: „Ich will nicht, dass irgendeinem Kind in Südtirol, Mädchen oder Junge, Ähnliches widerfährt“, bringt es Valentina auf den Punkt. Sie ist neben Elena, Markus, Barbara, Verena und Peter, Lisa, Anna sowie Silvia eine der Betroffenen, die nicht länger „Opfer“ sein wollen. <BR /><BR />Laut Veronika Oberbichler findet sexueller Missbrauch vor allem im persönlichen Umfeld statt, meist innerhalb der Familie oder Verwandtschaft, Partnerschaft, Nachbarschaft. <BR /><BR /> „Mir persönlich hilft der Gedanke, dass mein Leben aus vielen Momenten besteht, aus vielen Tagen und Erfahrungen. Der Missbrauch war bloß ein kleiner Teil davon, dem ich nicht gestatte, dass er mir alles Weitere zerstört“, sagt etwa Elena. <BR /><BR />Dass das Sprechen über die Missbrauchserfahrung selbst heute noch schwerfällt, zeigt sich darin, dass alle Betroffenen anonym über ihr Leben berichten. Alle personenbezogenen Angaben wurden verändert. Ein erlittener Missbrauch wird nach wie vor als Makel erlebt. „Das muss sich ändern“, sagt Lembergh.<BR /><BR /> Der Rückblick auf das Überstandene ist für die Betroffenen wichtig, um endlich ihre Geschichte erzählen zu können. Ansonsten richtet sich der Blick des Buches nach vorne: Wie geht man damit um, als Kind sexuell missbraucht worden zu sein? Wie lebt man mit dem Unaussprechlichen, das niemand hören will? Wie kann man Worte finden, um das Schweigen zu brechen? Veronika Oberbichler liefert zu diesen und anderen Fragen leicht verständliche Fachtexte, die Missverständnisse aufklären und Klarheit schaffen.<BR />