Was war geschehen? Gegen 9 Uhr am 5. April 1975 löste sich unterhalb der Flatschspitze eine Riesenlawine. Mit einer Breite von mindestens 500 Metern stürzte sie ins Tal und verschüttete am Brenner die Eisenbahnlinie, die Autobahn und die Staatsstraße.<BR /><BR />Die Schneemassen erreichten an einigen Stellen eine Höhe von mehr als zehn Metern und rissen alles mit sich, was sich ihnen in den Weg stellte – Bäume, Felsbrocken und vieles mehr. Das dumpfe Grollen der riesengroßen Lawine war weithin zu hören.<h3> Großes Glück im Unglück</h3>Eine kleine Gruppe, bestehend aus Vertretern der Bergrettung und des Seilbahnbauers Leitner, war an diesem Samstag mit einem Auto auf dem Weg nach Garmisch in Bayern, um eine Lawinensprengbahn zu besichtigen. Doch die Gruppe kam nicht weit.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1151919_image" /></div> Auch <b>Hubert Trenkwalder</b> (im Bild) aus Wiesen, der damalige Vizechef der Bergrettung Sterzing im AVS, war an Bord: „Als wir auf der Staatsstraße bei Brennerbad waren, etwa 200 Meter oberhalb des Gasthauses ‚Vetter‘, sahen wir die riesige Lawine auf uns zukommen. Wir hatten großes Glück. Denn als die Lawine zum Stillstand kam, befanden wir uns am Rande der Schneemassen.“<BR /><BR />Auch die Insassen eines anderen Pkw, der zu diesem Zeitpunkt in Richtung Brenner unterwegs war, hatten unwahrscheinliches Glück. Ein 29-Jähriger aus dem Trentino rettete sich und seine drei Mitfahrer, indem er den Wagen geistesgegenwärtig an den äußersten Rand der Staatsstraße lenkte. Das Auto wurde zwar schwer beschädigt, doch die Insassen kamen mit leichten Verletzungen davon. Und auch ein Mercedes-Benz mit deutschem Kennzeichen war noch knapp an der Lawine vorbeigekommen. <h3> Kein Handy in der Tasche</h3>Damals konnte man nicht einfach das Handy zücken, um den Notruf abzusetzen. Und weil das Telefon am Brenner tot war, musste man bis nach Gossensaß fahren, um Alarm zu schlagen.<BR /><BR /> Bergretter sowie Feuerwehrleute und auch das Heer suchten die Schneemassen ab, da die Befürchtung bestand, dass jemand verschüttet worden sein könnte. Doch die Rettungskräfte fanden trotz größter Bemühungen niemanden. Auch am Sonntag und Montag wurde eifrig gesucht.<h3> Ein Anruf aus Österreich</h3> Doch mehr als eine Woche nach dem Lawinenabgang, nach einem Anruf aus Österreich, wurde klar, dass drei Kärntner Urlauber vermisst wurden. Sie hätten ihren Urlaub in Gröden verbringen sollen, waren dort jedoch nie angekommen. Der Verdacht erhärtete sich, dass die Kärntner unter der Lawine begraben sein könnten, weil sie am 5. April 1975 mit einem Pkw in Richtung Gröden unterwegs gewesen waren.<BR /><BR />Ein österreichischer Experte, ausgestattet mit einer Magnetsonde, machte sich schließlich auf der Lawine auf die Suche nach den Vermissten – und er hatte Erfolg. Denn nach dem Einsatz von Baggern kam unter den Schneemassen, unterhalb der Staatsstraße in Richtung Eisack, ein auf dem Dach liegendes Auto mit bundesdeutschem Kennzeichen zum Vorschein. In ihm fanden die Einsatzkräfte aber die Leichen von drei Italienern, die in Deutschland eine Eisdiele betrieben hatten. „Sie wurden jedoch nicht vermisst“, erklärt der heute 81-jährige Hubert Trenkwalder. <BR /><BR />Und unter diesem Pkw lag ein Auto mit österreichischem Kennzeichen, in dem sich die drei Kärntner befanden. „Alle sechs Opfer dürften sofort tot gewesen sein“, ist der Wiesner überzeugt. „Die beiden Fahrzeuge könnten sich gekreuzt haben, als sie von der riesigen Lawine voll erfasst und mitgerissen wurden.“ <BR /><BR />Die Erfahrungen aus diesem Einsatz prägten Trenkwalders Tätigkeit als Bergretter über Jahrzehnte. Denn 30 Jahre lang war er Sterzinger Bergrettungschef: „Bei diesem Einsatz habe ich wirklich sehr viel gelernt.“