Der gebürtige Kalterer ist seit August 2023 Primar der Neurologie am Bezirkskrankenhaus Kufstein und einer der führenden Köpfe bei der Erforschung der Parkinson-Krankheit. Das neueste Projekt ist, „Gesund Altern Tirol“, das die Erforschung und Früherkennung von Risikofaktoren für Parkinson in den Fokus stellt. <BR /><BR /><BR /><b>Die Zahl der Parkinson-Patienten steigt rapide an. Woran liegt das?</b><BR />Prof. Dr. Klaus Seppi: Parkinson ist in der Tat die am schnellsten zunehmende neurodegenerative Krankheit weltweit. Das liegt einerseits an der demografischen Entwicklung: Immer mehr ältere Menschen, die immer älter werden. Das Alter ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Erkrankung. Die Zunahme liegt aber auch an zunehmenden Umweltgiften, allen voran an der Luftverschmutzung. Auch das häufige Einatmen von Pestiziden oder Lösungsmitteln ist ein Risikofaktor. Und eigentümlicherweise liegt es auch daran, dass weniger Menschen rauchen. Rauchen ist zwar massiv schädlich und an vielen anderen Erkrankungen mit schuld. Interessanterweise erkranken Raucher, ebenso übrigens wie Kaffeetrinker, aber seltener an Parkinson. Und Männer erkranken häufiger als Frauen.<BR /><BR /><b>Welche weiteren Risikofaktoren gibt es?</b><BR />Prof. Dr. Seppi: Wiederholte Kopfverletzungen, aber auch Virusinfektionen scheinen eine Rolle zu spielen. Sicher weiß man aber, dass es eine genetische Prädisposition für eine Erkrankung an Parkinson gibt. <BR /><b>Und womit kann man der Erkrankung vorbeugen? </b><BR />Prof. Dr. Seppi: Auch bei Parkinson gilt: Eine gesunde Lebensweise hilft – also reichlich Bewegung sowie gesunde, am besten mediterrane Ernährung. Bei – schlecht eingestelltem – Diabetes steigt das Risiko auch. Wer also sein Diabetes-Risiko verringert, verringert auch sein Parkinson-Risiko. <BR /><BR /><b>Zum Welt-Parkinson-Tag haben Sie bei der österreichischen Parkinson Gesellschaft über „Neues bei Parkinson“ gesprochen. Was gibt es denn Neues?</b><BR />Prof. Dr. Seppi: Es tut sich jede Menge in der Forschung. Die Diagnose wird zunehmend verfeinert, und die Erkrankung lässt sich immer früher feststellen. Womöglich lässt sich Parkinson künftig diagnostizieren, bevor die Krankheit überhaupt da ist. Die Forschung arbeitet jedenfalls daran. Auch die Therapien verbessern sich und an neuen Medikamenten wird ebenfalls geforscht. Auch hier sieht es aus, als könnte man womöglich künftig ein Medikament entwickeln, dass die Krankheit positiv beeinflussen kann. <BR /><BR /><b>Starten wir mit der verfeinerten Diagnose...</b><BR />Prof. Dr. Seppi: Die klassischen Symptome, aufgrund derer Parkinson diagnostiziert wird, sind etwa verlangsamte Bewegungen, Muskelsteifigkeit und Ruhezittern. Doch man weiß heute, dass Krankheitsprozesse im Gehirn schon lange vor den ersten Symptomen beginnen. Und es zeigt sich, dass sich Vorstufen der Erkrankung auch schon Jahre oder gar Jahrzehnte vorher feststellen lassen. Anzeichen dafür sind Schlafstörungen, Ängstlichkeit, Stimmungsschwankungen, Verstopfung und ein abgeschwächter Geruchssinn. Daneben arbeitet die Wissenschaft aber auch an biologischen Diagnosemöglichkeiten. So lassen sich mittels unterschiedlicher bildgebender Verfahren des Gehirns für Parkinson typische Veränderungen nachweisen, allen voran zum Beispiel die verringerte Dopaminproduktion im Gehirn. Ein Mangel des Botenstoffes Dopamin als „Schmieröl“ der menschlichen Beweglichkeit führt nämlich zu den parkinsontypischen motorischen Bewegungsstörungen. Und auch mit einem weiteren neuen Test konnte das bei Parkinson verklumpende Protein Alpha-Synuclein im Hirnwasser, Hautbiopsien und Nasenabstrichen der Studienteilnehmer nicht nur bei Betroffenen mit Parkinson, sondern auch bei jenen mit Parkinson-Vorstufen nachgewiesen werden. <BR /><BR /><b>Was hat man als Patient von einer Früherkennung? </b><BR />Prof. Dr. Seppi: Parkinson lässt sich noch nicht stoppen oder gar heilen. Aber die Forschung arbeitet wie gesagt auf Hochtouren, auch an neuen Medikamenten und Therapien. So gibt es schon die Hoffnung, dass eine Früherkennung in Zukunft von Vorteil ist. Zudem zeigt sich in unserer Studie, dass ein Großteil der Bevölkerung gerne wissen möchte, ob eine Veranlagung für Parkinson vorliegt. <BR /><BR /><b>Womit wir bei Medikamenten und Therapien wären...</b><BR />Prof. Dr. Seppi: Vorneweg: Parkinson ist die am besten behandelbare neurodegenerative Krankheit und die Lebenserwartung wird durch die Erkrankung nur geringfügig beeinträchtigt. Mit rehabilitativen, aktivierenden Therapien und diversen Medikamenten lässt sich Parkinson jetzt schon oft über Jahre hinweg gut kontrollieren und die Betroffenen haben lange eine gute Lebensqualität. Dabei kann man derzeit aber nur die Symptome behandeln. Das gelingt am besten mit der Dopaminvorstufe L-Dopa. Geforscht wird aber wie gesagt auch im Bereich der Krankheitsmodifikation: Ganz frisch ist hier eine Studie zu einer Antikörpertherapie, die zumindest für einige Subgruppen zu positiven Ergebnissen geführt hat. Es könnte also womöglich in absehbarer Zeit ein Medikament entwickelt werden, dass die Krankheit günstig beeinflussen kann.<BR /><BR /><b>Zur Person</b><BR /><BR />Der gebürtige Kalterer Prof. Dr. Klaus Seppi (Jahrgang 1973) fungierte nach seinem Studium sowie der Promotion zum Doktor der Gesamtheilkunde an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck u.a. als Facharzt, Oberarzt, Leiter der Parkinson- und Chorea-Ambulanz und zuletzt als stellvertretender Direktor an der Univ.-Klinik für Neurologie der Medizinischen Universität Innsbruck. Neben dem Facharzt für Neurologie hat er die Additivfächer für Intensivmedizin und Geriatrie erworben. <BR /><BR />Auch hat Dr. Seppi mehrere Jahre an der Fachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana in Bozen doziert und hält eine Professur an der Uni Innsbruck. Die verbesserte Diagnostik und Therapie von Parkinson ist seit Jahren Schwerpunkt seiner Forschungstätigkeiten, zudem ist er Vorstandsmitglied der österreichischen Parkinsongesellschaft und schreibt sowohl für Huntington als auch für Parkinson an den Leitlinien bei der Deutschen Gesellschaft für Neurologie mit. <BR /><BR />Für seinen Einsatz im Gebiet der Parkinsonforschung erhielt er zahlreiche zahlreiche renommierte Auszeichnungen, darunter den Südtiroler Wissenschaftspreis 2016 und zuletzt 2022 den Dr. Johannes und Hertha Tuba Preis.<Rechte_Copyright></Rechte_Copyright>