Warum es im letzten Jahr häufiger zu Lokalschließungen in Bozen kam und das Gespräch mit allen Bürgern für ihn so wichtig ist, erklärt Oberstleutnant Vangone im s+-Interview nach 15 Monaten als Kommandant. <BR /><BR /><b>Vom Piemont über Kalabrien und Leifers nach Bozen und zuvor mehrmals im Auslandseinsatz – welchen Stellenwert haben die letzten 15 Monate als Kommandant der Carabinieri-Kompanie der Landeshauptstadt in Ihrer Karriere?</b><BR />Oberstleutnant Stefano Esposito Vangone: Bozen war und ist eine neue berufliche Herausforderung. Im Laufe meiner Karriere hatte ich die Möglichkeit, unterschiedliche Arten von Kriminalität zu beobachten. Bozen weist in dieser Hinsicht viele Parallelen zu anderen norditalienischen Gebieten auf, hat aber auch Eigenheiten wie die Tatsache, dass Gruppen von Verbrechern die Staatsgrenze passieren, um hierzulande Straftaten zu begehen und dann wieder das Staatsgebiet zu verlassen. Wachsam müssen wir hier aber auch bei kriminellen Organisationen sein, für die Gebiete, in denen es Wohlstand gibt, stets attraktiv sind. <BR /><BR /><b>Um auch dem vorzubeugen, pflegen Sie gute Beziehungen zur öffentlichen Verwaltung der Stadt.</b><BR />Vangone: An dieser Stelle möchte ich auch Stadträtin Johanna Ramoser danken, aber auch den zahlreichen Kaufleuten, Hoteliers und allen Bürgern, die uns tagtäglich bei der Prävention und Bekämpfung von Kriminalität helfen. Sie sind die Wächter der Legalität, die Alarmglocken bei potenziellen Gefahren oder Situationen, die eskalieren könnten.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><b>Das dürfte die Betreiber der 5 Bars der Stadt, die kurz vor Weihnachten gesperrt wurden (wir haben berichtet; Anm. d. Red.), auch nicht trösten.</b><BR />Vangone: Ursprünglich hatten wir 25 Gastlokale seit Monaten im Visier. Schlussendlich haben wir die Schließung nur für 5 davon beantragt. Das Ziel ist nämlich nicht, jenen Betreibern, die sich aktiv an der Verbrechensprävention beteiligen, einen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Die Maßnahme wurde nur für jene Lokale ergriffen, in denen die Betreiber trotz illegaler Tätigkeiten amtsbekannter Besucher im Lokal diese weder baten zu gehen noch die Ordnungskräfte um Hilfe. Dabei möchten wir nur, dass sie im Dialog mit den Ordnungshütern einen Dienst am Bürger nutzen. Genauso sollten sie sichtlich betrunkenen Personen nicht weiter Alkohol verabreichen. Mein Appell: Ruft uns stattdessen an. Auch nur eine Kontrolle, bei der wir die Besucher der Bar identifizieren, wirkt auf potenzielle Verbrecher abschreckend – sie wissen dann, dass sie dort nicht unbeobachtet Straftaten begehen können. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="980167_image" /></div> <BR /><BR /><b>In den anderen 20 Lokalen hat sich die Situation hingegen beruhigt, ehe es zur Schließung per Verordnung kommen musste?</b><BR />Vangone: Ja, das zeigt auf, dass man einen Dialog mit den meisten Betreibern initiieren und sie so aktiv in die Präventionsarbeit miteinbeziehen kann. Die Zahlen zeigen, dass die meisten mit uns zusammenarbeiten und keine Schließung notwendig wird. So werden sie auch dafür sensibilisiert, ihren Beitrag zur öffentlichen Sicherheit – der ihnen selbst auch zugute kommt – zu leisten. Außerdem haben wir für einige Lokale, die zuvor noch nie von dieser Maßnahme betroffen gewesen waren, eine kürzere Schließung beantragt als für jene, die in Vergangenheit bereits davon betroffen waren. <BR /><BR /><b>Die Möglichkeit, dass die Carabinieri bei der Gemeindeverwaltung die Schließung von Lokalen per Verordnung beantragen, wird in Bozen erst seit kurzer Zeit genutzt.</b><BR />Vangone: Seit September 2022. Beim Dienstantritt in Bozen hatte ich ein Landesgesetz von 1988 entdeckt, das noch in Kraft ist, und diese Möglichkeit vorsieht. Man sollte alle rechtlichen Mittel nutzen, die zur Verfügung stehen. Seitdem konnten wir mehrere Lokale, die immer wieder von Kriminellen besucht wurden oder in denen es etwa zu Gewalt- und Drogenexzessen gekommen war, sperren. <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><b>Mehr Handlungsspielraum verschaffen Sie aber nicht nur durch Ausloten der rechtlichen Möglichkeiten, sondern auch durch einen strategischen Einsatz der Streifendienste.</b><BR />Vangone: Ich sehe mir am Morgen immer alle Einsatzgebiete aller Ordnungshüter genau an, um die Streifendienste zu organisieren. Um den Verbrechern immer einen Schachzug voraus zu sein. Ich pflege gute Beziehungen zu Schuldirektoren, mit denen wir zahlreiche Sensibilisierungsaktionen an Schulen organisieren und eingreifen, wenn es notwendig wird. Dieser konstante Dialog mit allen Akteuren der Stadtgesellschaft hat bereits Wirkung gezeigt: So gelang es etwa dank der guten Beziehungen zu den jeweiligen Verantwortlichen der Strukturen, einen Drogendealer im Bozner Lido festzunehmen, die Gegend um Bahnhof, Handelskammer und Stadttheater nach und nach von Verbrechern zu säubern. Sogar die Hausverwalter in der Kapuzinergasse haben uns die Fernbedienungen der Tiefgaragentore gegeben, damit wir kontrollieren können, ob sich dort Obdachlose oder Verbrecher aufhalten. Man sollte sich vom Klischee der Carabinieri als Bestrafer abwenden und einsehen, dass alle Ordnungshüter ein Instrument zum Wohl und Nutzen der Gesellschaft sind. <BR /><BR /><BR />