Durch den Siegeszug des Internet hat sich eine Vielzahl an ungeahnten Möglichkeiten eröffnet, wobei so manche negativen Auswüchse nicht von der Hand zu weisen sind. Umso wichtiger sind Bewusstseinsbildung und Präventionsarbeit einzustufen, hierbei leistet in Südtirol das Forum Prävention einen wertvollen Beitrag. <BR /><BR />Lukas Schwienbacher ist Koordinator der Fachstelle Gewalt im Forum Prävention, er kennt die Mechanismen und empfiehlt, das Phänomen Hassrede differenziert zu betrachten (siehe auch Grafik). „Viele Menschen haben sehr unter den Belastungen der Covid-Restriktionen gelitten, ihr Vertrauen in die Institutionen und in die Politik ist gesunken, gleichzeitig ist der Frust gewachsen, und im Netz machen sie ihrem Ärger Luft, vergreifen sich dabei aber oft im Ton“, schildert er ein hinlänglich beobachtetes Verhaltensmuster. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="755909_image" /></div> <BR /><BR />Hier handle es sich um falsch verstandene Meinungsfreiheit, oft werde schlichtweg nicht bedacht, wie verletzend und herabwürdigend gewisse Beschimpfungen oder Beleidigungen sein können. Dabei sind die Distanz und Anonymität im Netz maßgebliche Faktoren: Man hat den Adressaten nicht direkt vor sich, sondern lediglich einen Bildschirm. „Im echten Leben halten sich die Internet-Hater und -haterinnen hingegen oft zurück, gerade so, als ob völlig andere Verhaltensregeln gelten würden“, sagt Schwienbacher. <BR /><BR />Dabei nimmt er auch die medialen Plattformen in die Pflicht. Viele Foren müssten besser oder überhaupt moderiert werden, ansonsten sei der Hinweis auf die Einhaltung der sogenannten Netiquette umsonst und das Gefühl der Regellosigkeit nehme überhand. <BR /><BR /><embed id="dtext86-53731275_quote" /><BR /><BR />Gerade dieser Aspekt entpuppt sich als zentral in der ganzen Debatte: Hasskommentare bekommen in der Regel viel Sichtbarkeit, Polarisierung, Zuspitzung oder auch Fake News verbuchen viele Klicks im Internet, die Algorithmen heizen das üble Gemisch an. Schwienbacher sagt dazu: „Hierbei nehmen viele Medien durchaus eine ambivalente Rolle ein, einerseits beschert ihnen die eskalierende Dynamik höhere Klickzahlen, andererseits tragen sie natürlich auch zur Bewusstseinsbildung bei.“ Tatsächlich gehört zu den ehernen Leitsätzen in der Medienbranche der Merkspruch: Only bad news are good news.<BR /><BR />Schlechte Nachrichten steigern also die Aufmerksamkeit und Reichweite, sie beleben das Geschäft. Diese uralte Dynamik ist zwar auch im Mediengeschäft nur ein Aspekt unter vielen, aber sie ist allemal Teil der Erklärung. Schwienbacher wünscht sich in dieser Hinsicht mehr „klare Flagge“ der Plattformen, auch damit man den stillen Netzbeobachtern eine Orientierung und Haltung aufzeigt. „Der überwiegende Großteil der User äußert sich nicht, sondern liest mit, konsumiert Videos und denkt sich seinen Teil“, weiß Schwienbacher. Gerade durch eine aufmerksame Moderation zeige man rote Linien auf. <BR /><BR /><b>„Falsch verstandene Meinungsfreiheit“</b><BR /><BR />Gegenrede sei immens wichtig, um das Netz nicht einer lauten, teils pöbelnden Minderheit zu überlassen. Man müsse sich gar nicht auf endlose „Ping-Pong-Diskussionen“ einlassen, es reiche eine klare und dezidierte Gegenrede. Freilich wird das Phänomen Hassrede auch von völlig anderen Treibern angeheizt, etwa automatisch gesteuerten Bots oder Trollen, die absichtlich provozieren und die Eskalation suchen. Vielfach schließen sich Gleichgesinnte zusammen, um zu hetzen oder Shitstorms zu generieren. <BR /><BR />„Das Bewusstsein um diese Problematik ist sicherlich gestiegen, die Opfer können und sollen sich wehren“, sagt Schwienbacher. So ist auch das Forum Prävention aktiv tätig, um bei Grenzüberschreitungen Institutionen wie die Postpolizei, die Antidiskriminierungsstelle oder die Kinder- und Jugendanwaltschaft zu informieren, bei Plattformen zu intervenieren oder einfach mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.<BR /><BR /><i>Auf den Bozner Talferwiesen hat sich STOL dazu umgehört, wie junge Menschen mit Hass im Netz umgehen.</i><BR /><BR /> <video-jw video-id="srMtLh5n"></video-jw> <BR /><BR /> <a href="https://www.stol.it/artikel/chronik/hass-im-netz-gefaengnisstrafe-droht" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Hass im Netz kann sowohl auf strafrechtlicher Ebene als auch im Zivilrecht schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.</a>