Robert Mathà war 18 Jahre jung, als er am 2. August 1973 gegen 22 Uhr mit seinem Vater Anton und 6 von dessen Feuerwehrkollegen im Stiegenhaus seines Elternhauses, dem Mathà-Haus in Untermais, stand. Aus dem Keller, gesättigt mit Gas aus einer lecken unterirdischen Gasleitung vor dem Haus, stieg Gasgeruch auf. <BR /><BR />Noch bevor ein Absauggerät geholt werden konnte, explodierte das Gas. 3 Feuerwehrleute starben – Karl Götsch, Walter Spitaler und Mathàs Vater –, 4 überlebten schwer verletzt und ein Leben lang gezeichnet von Brandmalen. <BR /><BR /><b>Herr Mathá, wie schwer fällt es Ihnen, sich an das Gasunglück vor 50 Jahren zu erinnern?</b><BR />Mathà: Ich habe diesen Tag noch gut in Erinnerung, aber mittlerweile belastet es mich nicht mehr davon zu erzählen. Erstens, weil es 50 Jahre her ist und zweitens weil ich gesundheitlich gut davongekommen bin.<BR /><BR /><b>Welches Bild ist sofort da?</b><BR />Mathà: Jener Augenblick bei der Explosion, wie 2 Kollegen meines Vaters aus dem Stiegenhaus im Parterre wie die brennenden Fackeln aus dem Haus gerannt sind. <BR /><BR /><b>Wo befanden sie sich zum Zeitpunkt der Explosion?</b><BR />Mathà: Ich stand auf der Türschwelle der Haustür und wurde von der enormen Druckwelle der Explosion einige Meter seitlich zur Tür hinausgeschleudert. Das war mein großes Glück, denn so haben mich die Stichflammen, die geradeaus nach draußen schossen, nicht voll erwischt wie die anderen. Durch die Detonation war die Haustür einige Meter durch die Luft nach außen geschleudert worden. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="924208_image" /></div> <BR /><BR /><b>Was hatten Sie denn an?</b><BR />Mathá: Ein ärmelloses „Leibele“ und eine lange Hose. Beides fing zwar Feuer, aber ich schafft es, die lodernden Flammen mit den Händen zu löschen. Hose wie „Leibele“ haben mich eigentlich vor schwereren Verbrennungen geschützt. Denn die stärksten Brandwunden hatte ich an den Armen, im Gesicht, am Hals und an den Füßen. Auch dort, wo ich die Armbanduhr trug, blieb die Haut unversehrt. <BR /><BR /><b>Erinnern Sie sich an die anderen?</b><BR />Mathà: Wenn ich mich richtig erinnere, ist Franz Huber vom Pollinger-Hof brennend die Straße hinauf gerannt und hat Feueralarm ausgelöst. Sonst kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Mir sagte man, dass Nachbarn Decken auf die Männer geworfen haben, um sie zu löschen. Auch ein Autofahrer, der gerade vorbeigekommen ist, hatte eine Decke dabei und half beim Löschen.<BR /><BR /><b>Haben Sie damals in den Tagen zuvor auch Gasgeruch im Haus wahrgenommen?</b><BR />Mathà: Wir hatten eine Kiste Obst im Keller und wenn wird dort hinunter sind, Obst zu holen hat man den Geruch wahrgenommen. Einmal wurde mir fast schwindlig. Und deswegen haben unsere Eltern auch das Gaswerk angerufen, deren Leute nichts feststellten konnten. Aber der Gasgeruch wurde stärker.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="924211_image" /></div> <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="924214_image" /></div> <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="924217_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wobei sollten die Feuerwehrkollegen Ihres Vaters an jenem verhängnisvollen Abend helfen?</b><BR />Mathà: Wir waren alle im Stiegenhaus. Wir kamen ja gar nicht mehr in den Keller hinunter, denn der Gasgeruch war schon so stark. Die Feuerwehrleute wollten ein Absauggerät holen.<BR /><BR /><b>Aber?</b><BR />Mathà: Dazu kam es nicht mehr, denn in der Zwischenzeit kam es zur Explosion. Was die Explosion ausgelöst hat, weiß man nicht. Lichtschalter haben wir natürlich keinen betätigt. Das wussten Feuerwehrleute nur zu gut, dass man das auf keinen Fall darf. Das Gas war unterirdisch von der Hauptleitung, die vor dem Haus unter der Straße verlief, in den Keller eingedrungen. Und bereits am Tag danach roch es bereits erneut nach Gas. Erst dann wurde aufgegraben und nachgeschaut. <BR /><BR /><b>Können Sie sich an die Stichflamme erinnern?</b><BR />Mathà: Ja, wir waren alle mitten in der Stichflamme. Die Flammen schossen das hohe Stiegenhaus hinauf bis in den 2. Stock und schossen gleichzeitig 15, 20 Meter aus dem Haus hinaus auf die Straße bis zum Mussner-Hüttl. Dass dabei die Haustür hinauskatapultiert wurde, das habe ich gar nicht mitbekommen. Die Stromzähler hinter der Haustür waren alle geschmolzen und die Fensterscheiben hinauf bis in den zweiten Stock alle zerborsten. Das Stiegenhaus hat gebrannt und musste gelöscht werden. <BR /><BR /><b>Ihr Vater starb 2 Tage nach dem Gasunglück. Konnten Sie mit Ihrem Vater noch reden?</b><BR />Mathà: Nein, wir 8 wurden alle zunächst ins Meraner Spital und noch am selben Abend mit dem Rettungswagen in eine Spezialklinik nach Padua gebracht. Vom Tod meines Vaters habe ich erst Tage nach der Beerdigung erfahren. Ich denke, das war zu meinem Schutz, weil wir alle sehr schwach waren. <BR /><BR /><b>Wo war denn Ihre Mutter zum Zeitpunkt der Explosion?</b><BR />Mathà: Meine Mutter war in der Waschküche hinterm Haus mit meinem kleinen Bruder Karl. Sie kam herbeigerannt und schrie gellend. Sie stand unter Schock.<BR /><BR /><embed id="dtext86-60668937_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Wie schwer waren Ihre Verbrennungen?</b><BR />Mathà: Meine Haut war zu 30 Prozent verbrannt. Mein Gesicht war aufgeschollen. Ich lag eine Woche im Bett „gefatscht“ wie eine Mumie – die Arme vom Körper gespreizt. Zum Schutz der Augen wurde eine Creme auf beide Augäpfel aufgetragen und konnte nichts mehr sehen. Da packte mich die Angst, dass ich auch noch erblinde. Jeden zweiten Tag wurden Gazen samt Hautfetzen entfernt und der Rest mit der Pinzette weggezogen. Das hat schon weh getan. Meine Hände waren ohne Haut, ich konnte die Finger nicht spreizen, alles spannte. Und meine Geschwister haben mich nicht mehr erkannt, als sie mich besucht haben, weil das Gesicht so aufgeschwollen war. Ich hatte auch keine Haare auf dem Kopf.<BR /><BR /><b>Wie lange waren Sie im Spital in Padua?</b><BR />Mathà: Einen Monat. Dabei muss ich betonen, dass ich im Vergleich zu den anderen ja glimpflich davongekommen bin. Die Feuerwehrleute hat es viel ärger erwischt als mich und mussten sich mehreren OPs unterziehen.<BR /><BR /><b>Hat sie das Unglück in den 50 Jahren verfolgt?</b><BR />Mathà: Ja, wenn ich die Feuerwehrleute getroffen habe, die von den Brandwunden gezeichnet waren, hat uns das schon alle mitgenommen, auch meine Geschwister. Wir standen alle unter Schock und konnten zudem eine Zeit lang nicht mehr im Haus wohnen.<BR /><BR /><b>Wie ging es Ihrer Mutter und ihren 4 Geschwistern nach diesem Unglück?</b><BR />Mathà: Meine Mutter hat das Unglück mit dem Tod unseres Vaters schwer getroffen. Aber wir hatten einen Gastbetrieb unter den Lauben, es war Hochsaison und der musste von meiner Mutter und den Geschwistern weitergeführt werden. <BR /><BR /><b>Löst es etwas in Ihnen aus, wenn sie Gas riechen?</b><BR />Mathà: Ich nehme Gasgeruch sehr schnell wahr und reagiere sehr sensibel.<BR /><BR /><BR />ANMERKUNG<BR /><BR />Wie bereits vor Jahren vom Tagblatt „Dolomiten“ berichtet, wurden in einem Strafverfahren die Stadtgemeinde Meran, die Stadtwerke, die damaligen Verwaltungsratsmitglieder der Stadtwerke und der damalige Stadtwerkedirektor im Februar 1990 zu Schadenersatzzahlungen in der Höhe von umgerechnet 774.685,35 Euro verurteilt. Dagegen legten die Witwen der Feuerwehrmänner Karl Götsch und Walter Spitaler Rekurs ein. Erst 30 Jahre nach der Gasexplosion wurden am Oberlandesgericht Venedig die Schadenersatzforderungen zu Gunsten der Klägerinnen neu festgelegt.<BR /><BR />GEDENKSTUNDE<BR /><BR />Die Freiwillige Feuerwehr Untermais erinnert am Samstag, 12. August, um 19.30 Uhr am Untermaiser Friedhof an das Gasunglück vor 50 Jahren im Keller des Mathà-Hauses. Dabei waren Anton Mathà, Walter Spitaler und Karl Götsch ums Leben gekommen. Die Feuerwehrleute Walter Andreatta, Franz Huber, Othmar Zipperle und Alfred Unterhauser sowie Robert Mathà überlebten teils schwer verletzt. Heute sind nur noch Othmar Zipperle und Robert Mathá am Leben. Bei der Gedenkfeier wird auch ein Kranz niedergelegt.<BR /><Rechte_Copyright></Rechte_Copyright><BR />