Als ich den Regler nach oben drehe, dringt die Stimme der Fremdenführerin durch die veralteten, schwarzen Kopfhörer in mein Ohr; unterbrochen von einem störenden Rauschen. Ich trete näher, ihre Stimme wird klarer. „Die Stühle symbolisieren die Möbelstücke, die jüdische Opfer zurücklassen mussten.“ Ein Mahnmal, das eindringlich an die vielen verlorenen Menschenleben erinnert. Ein einziger Blick in die Menge verrät alles: Es ist stiller geworden, viel stiller als noch bei der Anreise im Bus – gespannt lauschen wir den packenden Worten der Erzählerin.<h3> Trügerische Normalität</h3>Zeit, loszugehen. Zum Glück, denn die beißende Kälte ist kaum auszuhalten. In mir löst dieser einst so grauenhafte Ort ein beklemmendes Gefühl aus, das Schritt für Schritt stärker wird. Der Verkehr zieht durch die Straßen, Menschen gehen ihren Geschäften nach und in den Fenstern spiegelt sich das alltägliche Leben wider. Man möchte meinen, der friedliche Schein trügt.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1129884_image" /></div> <BR />Plötzlich bleibt die Fremdenführerin stehen, unterbricht den bedrückenden Rundgang. „Vor uns sehen wir die Fabrik Oskar Schindlers.“ Mit diesen Worten lässt sie mich aus meinem Tagtraum erwachen – vor mir ragt ein trostloses, weiß-graues Gebäude empor. Ich betrete es, das seltsame Gefühl bleibt bestehen. Entlang der Gänge finden sich Relikte, die mehr verraten als tausend Worte: Fotografien, Uniformen und Waffen – einmal begleitet vom Geheul der Sirenen, ein andermal von einer Rede aus der Nazizeit. In Oskar Schindlers Büro kehrt Ruhe ein. <h3> Mit positivem Blick in die Zukunft</h3> Noch immer unschlüssig darüber, ob die ehemalige Wirkungsstätte Schindlers beeindruckend oder bedrückend ist, schreiten wir gemeinsam voran. Vorbei an der ältesten Synagoge Krakaus und einem jüdischen Friedhof bis hin zum jüdischen Zentrum. An dessen Eingang sticht ein grünes Plakat ins Auge: „Wir bauen eine jüdische Zukunft in Krakau auf“, steht unübersehbar in Weiß darauf geschrieben. Der Blick in die düstere Vergangenheit ist unvermeidlich, doch genauso zwingend ist der positive Blick nach vorn.