Donnerstag, 30. Mai 2024

Dengue-Fieber breitet sich rasant aus: Das müssen Sie wissen

In Europa mehren sich die Dengue-Infektionsfälle. Dengue-Fieber – eine durch Tigermücken übertragene Viruserkrankung – kann von milden Symptomen wie Fieber und Kopfschmerzen bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie dem hämorrhagischen Dengue-Fieber reichen. Internist Prof. Dr. Christian Wiedermann vom Institut für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen, erklärt, was man tun kann, um sich zu schützen.

Das Dengue-Virus wird durch den Stich der Tigermücke übertragen. - Foto: © APA/afp / VALERY HACHE

Herr Professor Wiedermann, Was ist das Dengue-Fieber? Wie gefährlich ist diese Krankheit?
Prof. Christian Wiedermann: Dengue-Fieber ist eine durch Viren der Flavivirus-Familie verursachte Infektion, die durch Tigermücken – also Mücken der Gattung Aedes – übertragen wird. Diese Krankheit kann sehr unterschiedlich verlaufen, von milden Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen, Gelenk- und Muskelschmerzen bis hin zu schweren Formen mit starken Bauchschmerzen, Blutungen und Krampfanfällen. Besonders gefährlich wird Dengue-Fieber, wenn es zu schweren Komplikationen wie dem Dengue-Hämorrhagischen Fieber kommt, das lebensbedrohlich sein kann. Eine frühzeitige Erkennung und die Behandlung der Symptome sind daher entscheidend.

Wie kann man sich mit Dengue anstecken?

Wiedermann: Dengue-Fieber wird durch den Stich von Tigermücken übertragen, die mit dem Dengue-Virus infiziert sind. Diese Mücken stechen meistens tagsüber und brüten in stehenden Wasseransammlungen in Häusern bzw. in dere Nähe. Man kann sich also anstecken, wenn man von einer infizierten Tigermücke gestochen wird. Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich.

Auf welche Alarmsignale und Symptome sollte man achten?
Wiedermann: Nach einer Dengue-Infektion gelangt das Virus in den Blutkreislauf und verursacht eine Reihe von Symptomen, die typischerweise 4 bis 7 Tage nach dem Mückenstich auftreten. Diese können Fieber, starke Kopfschmerzen, Schmerzen hinter den Augen, Gelenk- und Muskelschmerzen, Hautausschlag sowie Magenprobleme wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall umfassen. Alarmsignale für eine schwere Dengue-Infektion sind starke Bauchschmerzen, anhaltendes Erbrechen, blutende Stellen (wie Nasenbluten oder blutiger Stuhl), starke Müdigkeit und Reizbarkeit. Bei Auftreten dieser Symptome sollte umgehend ärztliche Hilfe aufgesucht werden.

Wie kann man sich vor einer Infektion schützen?
Wiedermann: Um sich vor einer Dengue-Infektion zu schützen, sollten Mückenstiche vermieden werden. Dies kann durch das Tragen von langärmeliger Kleidung, die Anwendung von Insektenschutzmitteln mit DEET (Diethyltoluamid) oder Picaridin – auch als Icaridin bezeichnet – und das Verwenden von Mückennetzen erreicht werden. Außerdem sollten stehende Wasseransammlungen im Haus bzw. in Hausnähe vermieden werden, da diese Brutstätten für Mücken sind. Es gibt eine Schutzimpfung gegen Dengue, die jedoch nicht für alle Personen geeignet ist und deren Verabreichung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist. Ich empfehle, sich bei Interesse an der Dengue-Impfung ärztlich beraten zu lassen.

Wie wird Dengue-Fieber behandelt?
Wiedermann: Es gibt keine spezifische Behandlung für das Virus selbst, aber die Symptome des Dengue-Fiebers können gelindert werden. Wichtig ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, um den Körper hydriert zu halten. Paracetamol kann zur Linderung von Fieber und Schmerzen eingenommen werden, aber Aspirin und andere sogenannte Nichtsteroidale Entzündungshemmer wie Ibuprofen sollten vermieden werden, da sie das Risiko von Blutungen erhöhen. In schweren Fällen kann eine Behandlung im Krankenhaus erforderlich sein, wo intravenöse Flüssigkeitszufuhr und gegebenenfalls Bluttransfusionen durchgeführt werden können. Eine frühzeitige ärztliche Betreuung ist entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden.

Warum breitet sich das Denguefieber derzeit rasant in Europa aus?
Wiedermann: Dengue-Fieber war in Europa lange Zeit selten, aber in den letzten Jahren wurden zunehmend lokale Ausbrüche verzeichnet. Fälle von Dengue-Fieber sind insbesondere in den südlichen Teilen Europas wie Spanien, Frankreich und Italien aufgetreten. Die Anzahl der Fälle bleibt jedoch im Vergleich zu tropischen und subtropischen Regionen – insbesondere in Südostasien, Mittel- und Südamerika sowie in der Karibik – relativ gering. Die Zunahme der Fälle in Europa ist auf klimatische Veränderungen, die Verbreitung der Tigermücken und auf die steigende Reisetätigkeit zurückzuführen.

Prof. Dr. Christian Wiedermann, Forschungskoordinator des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen - Foto: © Jakob Obkircher Institut für Allgemeinmedizin Bozen



Haben die Dengue-Fälle in Italien in den vergangenen Jahren zugenommen?
Wiedermann: Im Jahr 2023 wurden insgesamt 362 Fälle gemeldet, davon 84 autochthone Fälle, bei denen die Infektion innerhalb Italiens auftrat. Dies stellt eine signifikante Zunahme dar, da es in den vergangenen 10 Jahren zu einem Anstieg von wenigen Fällen pro Jahr auf Hunderte
gekommen ist. Diese Zunahme wird durch klimatische Veränderungen, die die Verbreitung der Mücken begünstigen, und durch die erhöhte Reisetätigkeit in tropische und subtropische Regionen begünstigt, wo das Virus endemisch ist.

Müssen nach dem Aufkommen einer Dengue-Infektion Häuser oder – so wie in Triest am 27. Mai geschehen – ganze Stadtviertel desinfiziert werden?

Wiedermann: Nach dem Auftreten einer Dengue-Infektion müssen häufig nicht nur einzelne Häuser, sondern ganze Stadtviertel desinfiziert werden, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Dies war etwa in Triest am 27. Mai der Fall, wo eine großflächige Desinfektion eines ganzen Viertels durchgeführt wurde, um die Mückenpopulation zu reduzieren und weitere Infektionen zu verhindern. Solche Maßnahmen sind notwendig, weil die Tigermücken, die das Dengue-Virus übertragen, in stehenden Wasseransammlungen in der Umgebung brüten und sich schnell verbreiten können. Die Desinfektion hilft, die Mückenpopulation zu kontrollieren und das Risiko weiterer Infektionen zu minimieren.

Können Tigermücken in Südtirol Dengue-Fieber übertragen?
Wiedermann: Theoretisch können Tigermücken in Südtirol Dengue-Fieber übertragen. Diese Mückenart ist in vielen Teilen Europas, einschließlich Norditaliens, verbreitet und hat sich aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit an kühlere Klimazonen etabliert. Wenn eine Tigermücke eine Person sticht, die das Dengue-Virus trägt, kann sie das Virus auf andere Menschen übertragen. Dies ist jedoch abhängig davon, ob infizierte Personen hier sind und die Mückenpopulation groß genug ist, um eine lokale Übertragung zu ermöglichen.

Ist es möglich sich mehrfach anzustecken?
Wiedermann: Es ist möglich, sich ein zweites Mal mit Dengue-Fieber anzustecken. Dengue wird durch 4 verschiedene Virustypen verursacht (DENV-1, DENV-2, DENV-3 und DENV-4). Eine Infektion mit einem dieser Typen verleiht lebenslange Immunität gegen diesen spezifischen Typ, jedoch nicht gegen die anderen drei. Eine erneute Infektion mit einem anderen Dengue-Virustyp kann auftreten und ist besonders gefährlich, da das Risiko für schwere Komplikationen wie Dengue-Hämorrhagisches Fieber und Dengue- Schock-Syndrom erhöht ist.

Sollten Reisende Dengue-Risikogebiete (derzeit etwa Brasilien)meiden?
Wiedermann: Es ist nicht unbedingt erforderlich, Reisen in Dengue-Risikogebiete vollständig zu meiden, aber es ist ratsam, besondere Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Zu den Präventionsmaßnahmen gehören das Tragen von langärmeliger Kleidung und langen Hosen. Verwenden von Insektenschutzmitteln, das Übernachten in klimatisierten Räumen oder unter Mückennetzen sowie das Vermeiden von Aktivitäten im Freien während der Spitzenzeiten der Mückenaktivität (früher Morgen und später Nachmittag). Zusätzlich sollten Reisende auf mögliche Symptome achten und bei Verdacht auf Dengue-Fieber ärztliche Hilfe holen. Bei bereits bestehenden Gesundheitsproblemen oder einem früheren Dengue-Fall sollten Sie besonders vorsichtig sein, da eine erneute Infektion mit einem anderen Virustypen schwerwiegender verlaufen kann.

stol

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