Dienstag, 24. Oktober 2023

Der Blick der Wirtschaft auf das Ergebnis der Landtagswahl

Für die Wirtschaft verlief diese Wahl eher durchwachsen. Gar so mancher für gesetzt geglaubter Kandidat blieb auf der Strecke. Wie die größten Wirtschaftsverbände im Land das Wahlergebnis aus Sicht der Wirtschaft und ihres Sektors bewerten.

Den Einzug in den Landtag verpasste diesmal so mancher Wirtschaftskandidat. - Foto: © DLife

Haller: „Nur kein Machtvakuum“

Nicht zufriedenstellend war das Ergebnis für das Handwerk in Südtirol. Obwohl der lvh über 8000 Mitglieder zählt, ist es keinem einzigen Kandidaten, der vom Verband aktiv unterstützt wurde, gelungen, in den Landtag einzuziehen. „Offenbar war das personelle Angebot nicht ideal. Inhaltlich standen weniger Wirtschaftsanliegen im Vordergrund, vielmehr ging es in der öffentlichen Debatte um Themen wie Gewalt, Zuwanderung und Sanität“, so lvh-Präsident Martin Haller.

„Ich möchte aber auch sagen, dass das Ergebnis aus Sicht des Handwerks zwar enttäuschend ist, aber am Ende doch zweitrangig. Wir müssen uns jetzt alle zusammenreißen. Die Gewählten müssen beweisen, dass das, was sie im Wahlkampf versprochen hatten, damit meine ich vor allem einen verstärkten Willen zur Zusammenarbeit, auch umsetzen wollen“, so Haller.

„Ich hoffe, dass es schnellstmöglich gelingt,bei der Bildung einer Landesregierung auf einen Nenner zu kommen. Das Letzte, was wir jetzt brauchen können, wären endlose Verhandlungen und ein Machtvakuum“, so Haller.

Und noch eine Bemerkung fügt er hinzu: „In Sachen Urbanistik brauchen wir unbedingt Fachleute am Werk, da liegt nämlich noch sehr viel im Argen.“

Tiefenthaler: „Schade um Hochgruber-Kuenzer“

Der Bauernbund gibt sich zufriedener: „Genau wie bei den Wahlen 2018 sind auch dieses Mal 3 von 4 Kandidaten, die bei der Basiswahl bestimmt wurden, in den Landtag gewählt worden“, sagt Landesobmann Leo Tiefenthaler. „Sehr schade ist es aber um die ehemalige Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer, die den Einzug verpasst hat.“

Ob der künftige Landesrat für Landwirtschaft wie bisher auch das Ressort Tourismus innehaben wird, bleibe abzuwarten. „Dass für diese beiden Ressorts ein Landesrat verantwortlich ist, hat Vor- und Nachteile“, sagt Tiefenthaler. Einerseits gehe Tourismus und Landwirtschaft Hand in Hand, andererseits sei die Verantwortung für beide Bereiche sehr hoch. Das verlange einem einzigen Landesrat viel ab.

Pinzger: „Gemeinsames Ressort nicht bewährt“

Dass es für den vom Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV) unterstützten Landtagskandidaten Helmut Tauber diesmal nicht mehr gereicht hat, bedauert Präsident Manfred Pinzger nach eigener Aussage sehr. „Er hat 5 Jahre lang hervorragende Arbeit geleistet. Sein Abschneiden landesweit war gut, nur haperte es in seinem Heimatbezirk Eisacktal gewaltig. Ich stelle fest, dass da die Grundvoraussetzungen nicht gepasst haben. Tauber war zwar als Kandidat der SVP Eisacktal nominiert, aber es fehlte innerhalb der Partei die nötige Unterstützung. Das Ergebnis sehen wir jetzt“, so Pinzger.

Was die Bildung einer neuen Landesregierung angeht, meint Pinzger, dass es nun darum gehen müsse, Rechtssicherheit und Stabilität herzustellen. „Das brauchen unsere Betriebe dringend.“ Eine klare Meinung hat der HGV-Chef indes, was das in der letzten Legislatur geschaffene Ressort Tourismus und Landwirtschaft angehe: „Es ist sicherlich wichtig, dass beide Sektoren enger zusammenrücken und noch besser zusammenarbeiten als bisher. Aber, und das sage ich ganz deutlich, das Modell eines gemeinsamen Ressorts für Tourismus und Landwirtschaft ist offenbar gescheitert.“ Der zuständige Landesrat Arnold Schuler verlor bei dieser Landtagswahl mehr als die Hälfte der Stimmen und gehört zu den großen Verlierern dieser Wahl.

Moser: „Abschneiden ist Wermutstropfen“

Der Wirtschaftsverband hds nimmt in einer ersten Stellungnahme „leicht enttäuscht“ den Ausgang der Landtagswahlen zur Kenntnis: „Die Zersplitterung in der Gesellschaft spiegelt sich in der politischen Landschaft wider. Nun gilt es, eine zukunftsfähige und stabile Landesregierung einzusetzen, die zügig an die Arbeit gehen kann“, betont hds-Präsident Philipp Moser. „Natürlich ist das Abschneiden der Wirtschaft im Allgemeinen ein Wermutstropfen, den man sich jetzt genauer anschauen muss“.

Auf jeden Fall fordert Moser, dass bei der Neuaufteilung der Kompetenzen diesmal alle Wirtschaftsbereiche gemeinsam in einem einzigen Ressort verwaltet und von einem einzigen Landesrat verantwortet werden. „Das Experiment, den Tourismus von den anderen Wirtschaftssektoren zu trennen, hat sich als nicht gelungen erwiesen“, schließt sich Moser der Aussage von HGV-Chef Pinzger an. „Die Landwirtschaft sollte nicht einem Wirtschaftslandesrat zugeordnet werden.“

Giudiceandrea: „Neue Verhältnisse“

Der Unternehmer und Vorsitzende des Südtiroler Wirtschaftsrings (SWR), Federico Giudiceandrea, verweist in seiner Reaktion auf die für Südtirol neuartige Konstellation nach den Wahlen hin: „So etwas kannte man bislang nur von anderen Regionen in Italien.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor für Südtirol war bislang stets seine politische Stabilität. Diese herzustellen, wird nun die vordergründigste Aufgabe der politisch Verantwortlichen sein, wenngleich das nicht einfach wird“, so Giudiceandrea. Für wie wahrscheinlich hält er, dass es zu einer raschen Regierungsbildung mit stabilen Mehrheiten kommt? „Dazu kann ich nur sagen, dass ich Unternehmer bin, als solcher bleibe ich grundsätzlich immer optimistisch“, so Giudiceandrea pragmatisch.

ber/hil

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