Der parteiinterne Machtkampf innerhalb der SVP spitzt sich weiter zu. Exponenten um Karl Zeller werfen Landeshauptmann a.D. Luis Durnwalder und anderen ehemaligen und aktuellen Parteimitgliedern vor, 2018 Einfluss auf die Ernennung der Landesregierung genommen zu haben. Derselbe Vorwurf gilt auch für die im Sommer 2018 abgeblasene Ausschreibung der Buskonzessionen (siehe untenstehenden Abschnitt „Hintergrund“). Dies alles kam durch die Zuspielung an ausgesuchte Medien und gezielte Veröffentlichung von Abhörprotokollen ans Tageslicht, die im Zuge der Ermittlungen zu den Buskonzessionen durchgeführt worden waren. Nun hat Durnwalder in dieser Sache eine Eingabe bei Italiens oberster Datenschutzbehörde (Garante della Privacy, Anm.d.Red.) gemacht. Im 10-seitigen Schreiben an die Datenschützer, das den „Dolomiten“ exklusiv vorliegt, erhebt er schwere Vorwürfe zu der in seinen Augen widerrechtlichen Veröffentlichung der Abhörprotokolle.<BR /><BR />„Die massive Verbreitung des Inhaltes von Gesprächen, die, völlig frei von strafrechtlicher Relevanz, von Personen geführt worden sind, die nicht Teil der Ermittlungen gewesen sind und von Inhalten, die für die Gerichtsberichterstattung völlig irrelevant sind, steht im völligen Widerspruch zur Wesentlichkeit der Information“, heißt es in der Eingabe wörtlich. Ziel der Veröffentlichung sei es gewesen, Personen wie ihn selbst bewusst in ein schlechtes Licht zu stellen.<BR /><BR />Drahtzieher hinter dieser Aktion sei laut Durnwalder Ex-Senator und Vize-SVP-Obmann Karl Zeller. Diese Annahme untermauert Durnwalder in seiner Eingabe mit einer ganzen Reihe an Belegen. So sei Zeller in seiner Rolle als Rechtsanwalt von Landeshauptmann Arno Kompatscher und Landesrat Daniel Alfreider der Einzige gewesen, der die gesamten Abhörprotokolle – insgesamt 5000 Seiten – bei der Staatsanwaltschaft angefordert hatte.<BR /><BR />Bereits in der Parteileitungssitzung vom 22. Jänner 2021 hätte Zeller den 30 Anwesenden Ausschnitte aus den Abhörprotokollen der Ermittler vorgelegt. Zudem habe er damals angekündigt, dass er die Audio-Files der von den Ermittlern abgehörten Telefongespräche beantragen werde, sodass jeder, der Interesse daran habe, diese anhören könne. <BR /><BR /><b>„Protokolle an ausgesuchte Medien weitergegeben“</b><BR /><BR />Einen Monat später hätten Medien bereits darüber berichtet, dass Zeller Ausschnitte aus den Abhörprotokollen öffentlich gemacht habe. „Im Dezember 2021 bestätigte Zeller dann der Parteileitung gegenüber, dass er sich die gesamten Abhörprotokolle aushändigen lassen hatte“, schreibt Durnwalder in seiner Eingabe an die Datenschützer. <BR /><BR />In der Zwischenzeit, so Durnwalder in seiner Eingabe, seien die Abhörprotokolle an ausgesuchte Medien weitergegeben worden. Damit habe Zeller in seiner Funktion als Rechtsanwalt von Landeshauptmann Arno Kompatscher und Landesrat Daniel Alfreider laut Durnwalder eindeutig seine Rolle als Verteidiger für politische Zwecke verwendet. Ermittlungsdaten dürfen nur öffentlich gemacht werden, wenn sie nicht dem Ermittlungsgeheimnis unterliegen und dann auch nur zum Zweck der Verteidigung des eigenen Mandanten. In diesem Fall aber seien auch Informationen über Personen, die in das Strafverfahren überhaupt nicht involviert waren, öffentlich gemacht worden. Damit seien nicht nur Privacy-Regeln und EU-Recht, sondern auch Verfassungsrecht verletzt worden. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="732437_image" /></div> <BR /><BR />Selbiges gelte laut Durnwalder auch für jene Journalisten und Medien, die besagte Abhörprotokolle veröffentlicht haben. Auch für sie besteht laut Gesetz die Pflicht, Inhalte, die unter das Ermittlungsgeheimnis fallen, nicht zu veröffentlichen bzw. zu prüfen, ob private Informationen veröffentlicht werden dürfen.<BR /><BR />Noch weit schwerwiegender sei, so Durnwalder in seiner Eingabe, dass gemäß den denselben vorliegenden Informationen Teile der von der Staatsanwaltschaft ausgehändigten Audiodateien von Telefonaten als neue Audiodatei zusammengeschnitten worden seien. So sollen Zeller und Landesrat Daniel Alfreider SVP-Obmann Philipp Achammer mittels zusammengeschnittener Audiodateien Auszüge aus den Abhörprotokollen vorgespielt haben. In der Folge sollen derart geänderte Aufzeichnungen der Abhörungen auch an andere Parteimitglieder verschickt worden sein, etwa an Rosmarie Pamer, Bürgermeisterin von St. Martin i.P, schreibt Durnwalder in seiner Eingabe. Aufgrund dieser veränderten Wiedergabe würden die abgehörten Gespräche eine andere Bedeutung und in bedeutenden Teilen einen anderen Inhalt erfahren, als die von der Behörde abgehörten Gespräche.<BR /><BR /><b>Durnwalder fordert Veröffentlichungsverbot</b><BR /><BR />Abschließend fordert Durnwalder die oberste Datenschutzbehörde auf, gegen Zeller sowie 3 namentlich genannte Journalisten und Medien umgehend vorzugehen. Insbesondere fordert Durnwalder, dass die genannten Personen und Medien mit einem Verbot belegt werden, weiterhin die Abhörprotokolle öffentlich zu machen. Außerdem fordert der Landeshauptmann a. D. die obersten Datenschützer dazu auf, genannten Personen und Medien mitzuteilen, dass sie mit der Veröffentlichung der Abhörprotokolle gegen geltende Bestimmungen verstoßen hätten. Und nicht zuletzt fordert Durnwalder die Datenschützer auf, die zuständigen Berufskammern (Rechtsanwaltskammer und Journalistenkammer, Anm. d. Red.) über die Eingabe zu informieren, auf dass diese gegen die in der Eingabe genannten Personen entsprechende Disziplinarmaßnahmen einleiten.<BR /><BR /><b>Hintergrund: 5000 Seiten Protokolle rund um die SAD-Affäre<BR /><BR /></b>Im Zuge der im Sommer 2018 vom Land in letzter Minute abgeblasenen Ausschreibung der 800 Millionen Euro schweren Ausschreibung für die außerstädtischen Busdienste hat die Bozner Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet. Ins Ermittlungsregister eingetragen waren Landeshauptmann Arno Kompatscher, Ex-SAD-Chef Ingemar Gatterer, SAD-Generaldirektor Mariano Vettori, der ehemalige Direktor der Abteilung Mobilität, Günther Burger, und LiBUS-Chef Markus Silbernagl. Gegen letztere wird nun das Hauptverfahren eröffnet. Das Verfahren gegen erstere wurde hingegen eingestellt. Im Zuge der Ermittlungen haben die Ermittler unzählige Telefonate abgehört – auch von Personen, die im Verfahren rund um die SAD-Affäre völlig unbeteiligt waren. Die Niederschrift der abgehörten Telefonate umfasst 5000 Seiten. Einige Medien haben Auszüge daraus veröffentlicht, die genannte Personen betreffen und somit keinerlei strafrechtliche Relevanz haben.