Donnerstag, 29. Juni 2023

dormizil 2: Neuer Standort für Nachtquartier für obdachlose Menschen

Nach langem Suchen, Dutzenden Gesprächen und vielen Hausbesichtigungen ist es endlich soweit: Der Verein „housing first bozen EO“ hat in der Vintlerstraße 9 in Bozen einen neuen Standort für dormizil 2, ein Nachtquartier für obdachlose Menschen für den kommenden Winter gefunden.

dormizil in Bozen erweitert sein Angebot für Obdachlose Menschen. - Foto: © dormizil

Das Haus wird ab Herbst angemietet, geputzt und eingerichtet und bietet im Winter 2023/24 mindestens 25 Frauen und Männern ohne Dach über dem Kopf ein warmes Bett im kalten Winter.

dormizil 1 in der Rittner Straße 25 wird ab Herbst in kleine Mietwohnungen umgebaut und obdachlosen Menschen nach dem Konzept „Housing First“ langfristig zur Verfügung gestellt. Die Vereinsmitglieder freuen sich, dass der Mietvertrag mit Eigentümer Günther Gafriller von Residence Italia GmbH gestern zu einem für beide Parteien angemessenen Preis zustande gekommen ist. Der Verein finanziert seine Tätigkeit ausschließlich durch Spenden und organisiert die Tätigkeit im Winter allein mit Freiwilligenarbeit.

Die Erleichterung ist Paul Tschigg, Martina Schullian, Christian Anderlan und Erich Innerbichler anzumerken: Die Vorstandsmitglieder des Vereins „housing first bozen EO“ haben seit der Schließung des dormizil in der Rittner Straße 25 Mitte April gemeinsam mit den Vereinsmitgliedern, mit Freiwilligen und Sympathisanten unter Hochdruck nach einer neuen Unterkunft für obdachlose Menschen für den Winter 2023/2024 gesucht.

In der Vintlerstraße 9 in Bozen wurden sie nun fündig: Im Haus mit Erdgeschoss und 3 Stockwerken ist Platz für 5 Wohnungen, für einen Empfangs- und einen Aufenthaltsraum. 25 Männer und Frauen können dort untergebracht werden.

Umbau im dormizil 1

dormizil 1 wird ab Herbst umgebaut und steht als Nachtquartier nicht mehr zur Verfügung. Die Zahl der obdachlosen Menschen ist aber unverändert hoch, Politik und Verwaltung schaffen es nicht, passende Einrichtungen für obdachlose Menschen im Zentrum der Stadt zur Verfügung zu stellen. Vorstandsvorsitzender Paul Tschigg erklärt: „In vier Monaten ist November und wird es kalt. Trotz vielfacher Ankündigungen und Versprechen ist es bis heute nicht gelungen, obdachlosen Personen würdevolle und kleine Strukturen inmitten der Stadt zur Verfügung zu stellen, um ihnen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.“

Wenn Menschen ignoriert werden, tut ihnen das am meisten weh, betont Martina Schullian. Obdachlose Menschen bräuchten Chancen. Christian Anderlan betont, dass die Politik nicht weiter Elend verwalten dürfe, indem sie im Winter teure und würdelose Übernachtungshallen am Rand der Stadt anmietet und die Menschen dort eng aneinander hineinpfercht. Dann seien Konflikte vorprogrammiert. „Die Menschen brauchen Zukunft und Sinn“, erklärt Vorstandsmitglied Erich Innerbichler. Unterschiedliche Lebensentwürfe bedürften individueller Angebote.

„Einen Todesfall durch Erfrieren darf es nicht mehr geben“

Südtirol brauche mehr bezahlbaren Wohnraum, mehr Sozialarbeiter, genaue Zahlen zu Obdachlosigkeit und zu verdeckter Wohnungslosigkeit, weniger Vorurteile und mehr Empathie, sind die Vorstandsmitglieder des Vereins „housing first bozen EO“ überzeugt. Einen Todesfall durch Erfrieren wie im vergangenen Winter dürfe es in Südtirol nicht mehr geben. Mostafa Abdelaziz Aboulela aus Nordägypten ist in der Nacht vom 8. auf 9. Dezember 2022 in Bozen Süd erfroren. Er hatte um Unterkunft gebeten und wurde wie weitere 170 obdachlose Menschen auf eine Warteliste gesetzt.

Wohnungs- und obdachlose Menschen bräuchten kurze Wege, eine schnelle Aufnahme und einen respektvollen Umgang, erklären auch die übrigen Vereinsmitglieder Magdalena Amonn, Verena von Aufschnaiter, Wolfgang Aumer, Sigrid Bracchetti, Birgit Bragagna Spornberger und Norbert Pescosta. Es sei ein Trugschluss zu glauben, Wohnungs- und Obdachlosigkeit würden verschwinden, wenn betroffenen Menschen der Zugang zu Strukturen im Stadtzentrum verunmöglicht wird. Politik und Verwaltung seien gefordert, langfristige Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

Der Verein „housing first bozen EO“ fordert die politisch Verantwortlichen daher auf, mitzuteilen, was für den kommenden Winter geplant ist, ob wieder teure Industriehallen am Rand der Stadt angemietet werden oder endlich kleinstrukturierte Wohneinheiten gesucht und zur Verfügung gestellt werden. Es brauche menschenwürdige Unterkünfte, wo Würde und Privatsphäre garantiert sind. Die Unterkünfte sollten dort sein, wo die Menschen sich aufhalten und nicht am Rand der Stadt.

stol

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